Biobranche äußert sich zum Darmkeim: "Keine größere Ehec-Gefahr"

Die Ökolandwirtschaft sagt, die Gefahr der Kontamination mit dem Darmkeim sei nicht größer als bei den Konventionellen. Und Bio-Wiederkäuer seien eh weniger gefährdet.

Nicht die Ohren hängen lassen, kleine Kuh! Bild: David Oliva | CC-BY

BERLIN taz | Die Ökolandwirtschaft sieht bei sich kein höheres Risiko der Kontamination mit dem gefährlichen Darmkeim Ehec als bei der konventionellen Konkurrenz. "Ehec ist kein Thema einer spezifischen Anbaumethode", erklärte der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) am Mittwoch. Der Dachverband berief sich auf mehrere wissenschaftliche Studien.

Damit wollte der BÖLW Vermutungen widerlegen, dass die biologische Produktionsweise eine Ursache der jüngsten Welle der teils tödlich verlaufenden Ehec-Infektionen in Deutschland sein könnte. Schließlich hatten die Behörden einen Biosprossenhof in Niedersachsen als wahrscheinlichen Ausgangspunkt der Krise identifiziert.

Speziell zur Sprossenproduktion, einer sehr kleinen Nische auf dem Lebensmittelmarkt, konnten die Biolobbyisten zwar keine Studien präsentieren - aber doch etwa zum Kopfsalatanbau. Die Untersuchungen fanden im Rahmen von QLif statt, einem von der EU-Kommission geförderten Forschungsprojekt zum Ökolandbau. Ihr Ergebnis: Escherichia-coli-Bakterien wie Ehec fanden sich aufgrund der üblichen Vorsichtsmaßnahmen genauso selten in Salaten, die gemäß Biostandards mit Tierdung gedüngt werden, wie in Salaten, die mit konventionellem Mineraldünger gepäppelt werden. Tierdung ist potenzieller Übertragungsweg.

Ehec-Risiko für Biowiederkäuer niedriger

Zudem ist das Ehec-Risiko für Biowiederkäuer niedriger, weil sie weniger Mais und Soja bekommen, wie der Direktor des Forschungsinstituts für biologischen Landbau, Urs Niggli erklärte. Mit diesem Futter beschleunigen konventionelle Mäster das Wachstum, Biobauern füttern dagegen oft zu 90 Prozent Raufutter wie Heu.

BÖLW-Vorsitzender Felix Prinz zu Löwenstein ergänzte, dass es keine Unterschiede in puncto Hygiene bei der Erzeugung von Samen für die Produktion von Sprossen gebe. Der Ehec-Erreger könnte über die Samen in den niedersächsischen Sprossenhof gekommen sein.

Unterstützung erhalten die Bios von der Stiftung Warentest. Zwar hatte sie 2007 noch festgestellt: Bioprodukte haben öfter als konventionelle Probleme mit Bakterien und Hefen. Nach weiteren Analysen schrieb ihre Zeitschrift test aber 2010, "dass Bioprodukte insgesamt nicht stärker als konventionelle mit Keimen belastet waren". In 40 Tests von 2002 bis 2010 bekamen 47 Prozent der Ökolebensmittel, jedoch nur 44 Prozent der konventionellen ein "sehr gut" für die mikrobiologische Qualität. Ein "mangelhaft" kassierten 7 Prozent der biologischen und 4 Prozent der herkömmlichen Nahrungsmittel. Dabei sind in der Ökoproduktion weniger Konservierungsmittel zugelassen. Diese würden reichen, sagte Wissenschaftler Niggli. Zudem müssen Ökobetriebe laut BÖLW höhere Hygieneanforderungen erfüllen. Deshalb sei eventuelle Keimbelastung kein Grund, auf Bioprodukte zu verzichten, die ja umwelt- und tierfreundlicher seien.

Weniger Neuerkrankungen

Unterdessen ebbt die Welle der Ehec-Neuerkrankungen weiter ab. Dem für die Überwachung von Krankheiten zuständigen Robert-Koch-Institut wurden seit Anfang Mai bis Dienstagnachmittag 3.244 Fälle von Ehec oder dem auch von diesem Keim verursachten hämolytisch-urämischen Syndrom gemeldet. Das sind 9 mehr als am Vortag. Ende Mai waren bis zu 155 Ehec-Fälle pro Tag hinzugekommen. Bislang sind 36 Menschen an den Folgen der Infektion gestorben. Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland ist mit dem Ehec-Krisenmanagement der Bundesregierung unzufrieden. 58 Prozent bewerten es als "weniger gut" oder "schlecht", wie eine am Mittwoch veröffentlichte repräsentative Umfrage des Magazins Stern ergab.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.