Streit um Kulturhaushalt: Pankow gibt Kultur aus der Hand

Der Bezirk will seine bedrohten Kultur-Immobilien an einen Treuhänder auslagern, um sie zu erhalten und zu sanieren - ob dieser das auch will, ist unklar.

„Pankows Einrichtungen gerettet“, so lautete die selbstbewusste Botschaft, unter der die Fraktionen von SPD und Grünen in der Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV) gestern zu einer Pressekonferenz einluden. Bislang ist zwar im Entwurf des Bezirkshaushalts die Schließung verschiedener kultureller Einrichtungen vorgesehen – so soll laut Haushalt etwa das komplette Kulturareal Ernst-Thälmann-Park mit Angeboten wie dem Theater unterm Dach oder der Wabe dicht gemacht werden. Mit einer Abgabe des Areals an die gemeinnützige Gesellschaft für Stadtentwicklung (GSE), die das dringend sanierungsbedürftige Gelände als Treuhänder übernehmen soll, könnte dieser Kulturkahlschlag nun jedoch verhindert werden, so die beiden Parteien. Die Rechnung beinhaltet allerdings noch einige Unbekannte.

„Die bezirkseigenen Immobilien sind für uns ein Millionengrab“, erklärt Cornelius Bechtler, Vorsitzender der Grünen-Fraktion, die derzeitige Situation. Problematisch sei dabei nicht nur, dass dem Bezirk Pankow das Geld fehle, um die maroden Gebäude zu sanieren. „Über 29 Millionen Euro werden uns in diesem Haushalt zudem von den Zuweisungen des Senats abgezogen – eben weil wir bezirkseigene Immobilien nutzen.“ Dem Bezirk wird bei diesem Verfahren die Summe, die er einspart, quasi in Rechnung gestellt. Indem Immobilien allerdings an einen Treuhänder übergeben werden, kann das umgangen werden.

Bezahlbare Mietverträge

Angedacht ist nun, dass die GSE das Areal des Thälmann-Parks übernimmt und mit Hilfe der Mieteinnahmen schrittweise saniert. Die Übergabe an die GSE soll jedoch mit der Auflage erfolgen, dass die Kultureinrichtungen bezahlbare und unbefristete Mietverträge erhalten. Damit der Sanierungsdruck sich nicht in der Miethöhe widerspiegelt, soll sich der Bezirk darüber hinaus um Fördergelder bemühen. Einsparen will man durch diese Regelung etwa 100.000 Euro im Jahr. Derzeit stehe man in Verhandlungen mit der GSE, so Bechtler. „Falls die scheitern, müssen wir uns etwas Neues überlegen. Einen Alternativplan haben wir da gerade nicht.“

Auch für die anderen bedrohten Einrichtungen des Bezirks gibt der Entwurf der beiden Fraktionen zwar vorerst Entwarnung: So soll die Galerie Pankow in bezirkseigene Räume umziehen, die beiden Bibliotheken in Karow und Prenzlauer Berg werden vorerst weiter durch das Bezirksamt finanziert. Allerdings soll die komplette Bibliothekslandschaft des Bezirks demnächst auf seine Effizienz überprüft werden. „Wir wollen eine umfassende Analyse in Auftrag geben“, sagte Rona Tietje, Vorsitzende der SPD-Fraktion. „Bevor wir kein Ergebnis haben, soll es keine Strukturänderungen geben.“ Für die Büchereien und deren Mitarbeiter verheißt könnte das insofern nur eine kurze Verschnaufpause bedeuten.

Künstler bleiben skeptisch

Die betroffenen Künstler begrüßen die Bemühungen der Bezirkspolitiker nun zwar, bleiben aber skeptisch. „Die einen sprechen bei diesem Modell von Rettung, die anderen von Ausverkauf“, so das Aktionsbündnis Berliner Künstler, das sich mit Aktionen seit Wochen gegen den Kulturabbau zur Wehr setzt. Man könne sich einfach nicht vorstellen, dass die Abgabe von bezirkseigenen Immobilien an einen Treuhänder wirklich wirtschaftlicher sei als diese selbst zu behalten.

Zudem sei die Idee unter Zeitdruck geboren, die Verhandlungen mit der GSE befänden sich in einem Frühstadium. „Es bleibt die generelle Frage, ob wir es weiter zulassen wollen, dass privatisiert wird, was von öffentlicher Hand zu sozialen Preisen für uns finanziert werden müsste“, heißt es bei den Künstlern. Für den kommenden Mittwoch, wenn die Pankower BVV das nächsten Mal tagt und den Haushalt beschließen will, ruft das Bündnis insofern wieder zu Protesten auf.

Denn erst dann wird tatsächlich entschieden, ob die Vorschläge von SPD und Grünen überhaupt Eingang in den Bezirkshaushalt finden. Da beide Parteien im Pankower Bezirksparlament eine Mehrheit haben, hat der Entwurf allerdings gute Chancen, angenommen zu werden. Bevor das Bezirksamt sich dann an die Umsetzung der Pläne machen kann, muss auch noch das Abgeordnetenhaus den Haushalt verabschieden – diese Sitzung steht allerdings erst im Juni an.

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