Emissionen in China: Dicke Luft vertreibt Europäer

Wegen der schlechten Luft erwägen die meisten Einwanderer aus dem Westen, China den Rücken zu kehren – trotz guter Geschäfte.

In vielen Orten der Welt ist Fahrradfahren gesund. Aber in Peking ... Bild: reuters

PEKING taz | Dieser Winter hat auch Hartgesottene aufgeschreckt: Im Januar und Februar hatte sich über mehrere Wochen hinweg eine so dicke Smogdecke über Peking gelegt, dass die vielen Hochhäuser der 20-Millionen-Metropole nur noch in Facetten zu erkennen waren. Nach wenigen Minuten im Freien brannten bereits die Augen, und die Bronchien schwollen an.

„Ich weiß nicht, wie lange ich diese schlechte Luft meinen Kindern noch zumuten kann“, sagt der Mitarbeiter eines norddeutschen Logistikunternehmens, der seit mehr als zehn Jahren in Peking lebt. Erstmals denke er ernsthaft über eine Rückkehr nach Deutschland nach.

Er ist nicht der Einzige: Einer Umfrage des Stellenportals SinoJobs zufolge plant knapp jeder zweite in China lebende Europäer, wegen der miserablen Luft seinen Aufenthalt zu verkürzen. 45 Prozent gaben an, die Luftverschmutzung schrecke sie inzwischen ab. 13 Prozent beabsichtigten einen Umzug in eine andere Region innerhalb Chinas. Für 42 Prozent wirke sich die Luftbelastung nicht auf ihre Arbeits- und Lebensplanung aus, heißt es in der am Donnerstag publizierten Studie.

Dabei ist Pekings Luftverschmutzung keineswegs ein neues Phänomen. Seit Jahrzehnten ist Chinas Hauptstadt bekannt für ihren Smog. Doch nur wenige Europäer ließen sich bislang abschrecken. Im Gegenteil: Angesichts der boomenden Geschäfte für die meisten europäischen Unternehmen ist die Zahl der in Peking lebenden Ausländer stetig gestiegen. Allein die Zahl der Europäer wird auf über 30.000 geschätzt. So schlimm wie seit Beginn des Jahres war es um Pekings Luftqualität seit Beginn der Aufzeichnung der Werte aber noch nie bestellt.

Feinstaubwerte erschreckend hoch

Das gibt inzwischen auch das chinesische Umweltministerium zu. Es veröffentlichte am Mittwoch Zahlen, denen zufolge die Luftqualität seit Jahresbeginn in 76 Städten an jedem zweiten Tag „ungesund“ war. Die Bewohner von Pekings Nachbarstadt Shijiazhuang etwa sahen im Schnitt nur an drei Tagen im Monat klaren Himmel.

Als besonders gefährlich gelten zu hohe Feinstaubwerte. In Peking lagen sie im Januar zeitweise bei über 700 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Das ist das 28-Fache des Grenzwerts, den die Weltgesundheitsorganisation (WHO) für unbedenklich hält. Feinstaub in solchen Mengen können zu Lungenkrebs führen. Eine ebenfalls erst vor Kurzem in China veröffentliche Studie belegt, dass der Smog in den besonders betroffenen Regionen die Lebenserwartung bereits um durchschnittlich fünf Jahre verkürzt hat.

Angesichts dieser dramatischen Werte erwägt nicht nur eine Mehrheit der in China lebenden Europäer, das Land zu verlassen. SinoJobs hat auch Chinesen befragt. Von ihnen antworteten 41 Prozent, dass sie bereits planten, auszuwandern oder zumindest vorübergehend im Ausland zu leben. Schon beklagen ausländische Unternehmen, sie hätten Probleme, Posten in China zu besetzen. Insbesondere Eltern kleiner Kinder wollten nicht die Gesundheit des Nachwuchses der eigenen Karriere opfern.

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