Wahlkampf: Ganz Berlin ist ein rechtsfreier Raum

Eigentlich dürfen Wahlplakate erst seit Sonntag hängen. Doch alle Parteien sind sich einig: Gegen diese Vorschrift leisten sie zivilen Widerstand.

Traum aller Wahlämpfer: In den Bundestag kommen und dort Gesetze beschließen, an die alle anderen sich halten müssen Bild: dpa

„Fairer Wettbewerb ist eben Fremdwort für FDP“, twittert die Grüne-Abgeordnete Lisa Paus. Schon am Freitagabend hängen die ersten Plakate der Liberalen in der Friedrichstraße. Erlaubt sind sie erst ab Sonntag, 0 Uhr. Ihre eigenen Plakatierer halten sich allerdings auch nicht an die Regeln. Am Samstag um 18 Uhr twittert einer von ihnen: „Nach acht Stunden ist Charlottenburg-Wilmersdorf grüner, Plakate der Direktkandidatin Lisa Paus hängen.“ FDP-Landesvorstandsmitglied Sven Hilgers empört sich dementsprechend auch über die Kritik von Paus: „Ernsthaft? Sie werfen uns unfairen Wettbewerb vor, obwohl sie selbst zu früh plakatieren?“ Paus weist darauf hin, dass sie immerhin weniger zu früh plakatiert hat als der Kandidat der Gegenseite: "Lars Lindemann, FDP, hängt jetzt schon seit 24 Stunden."

Mit erstaunlicher Chuzpe brechen alle Parteien die Regeln zum Aufhängen der Wahlplakate. Der CDU-Ortsverband Schönhauser Allee traf sich am Samstag um 19 Uhr: "Wir benötigen viele helfende Hände, um die Plakate für die Bundestagswahl aufzuhängen!" Ursprünglich sollte es am Sonntag um 11 Uhr ein zweites Treffen geben. Das das ist nicht mehr notwendig: „Da wir bereits Samstagnacht alle 350 Plakate im Gebiet des Ortsverbandes aufgehängt haben, entfällt dieser Termin.“

Bei den Piraten ist alles besonders transparent. Sie tragen online auf einer Karte ein, wo sie ein Plakat gehängt haben. Zwei Stunden, bevor es losgehen darf, sind dort bereits hunderte Plakate verzeichnet. Die Berliner Spitzenkandidatin Cornelia Otto verbreitet auf Twitter einen Screenshot als Beweis.

Auch die Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg wird auf den massenhaften Rechtsbruch aufmerksam – scheint aber davor zu kapitulieren. Am Samstag twittert Monika Herrmann: „17:50 heute – FDP hängt Ritter-/Prizenstraße. Merke: Wer zu früh kommt, kommt zu früh! Gilt auch für Plakate :-)“ Jemand fragt nach: „Gibt das nicht ne Bestrafung duch das Ordnungsamt oder den Landeswahlleiter?“ Herrmann antwortet: „Glaube ja, höre aber, dass quer durch Berlin schon Plakate von allen Parteien hängen...“ Na dann.

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