Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Am Wahlkampf fehlt das Fleisch, Christian Wulff verkauft sein Haus, und Norbert Geis heuert bei der Kinderzimmerstasi an.

Lässt sich den Fleischspaß sicher nicht verderben. Bild: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: Seehofer eröffnet zum Thema Pkw-Maut schon mal die Koalitionsverhandlungen.

Und was wird besser in dieser?

Hannelore Kraft gibt ihre wichtigsten Vorhaben als Oppositionsführerin bekannt.

Die Grünen wollen nach der Bundestagswahl einen „Veggie-Day“ in Kantinen einführen. Schaffen die es, die fleischverwöhnten harten Kerle der Nation zu überreden?

An dem Wahlkampf bisher ist kein Fleisch dran, das sind eh Veggie-Wochen. Deshalb hat die Bild ein drei Jahre altes „sollte man mal“ aus dem Grünen-Programm in die Mikrowelle gewuchtet und schlimm unterperformt: „Erst fressen sie kleine Kinder – nun sollen wir hungern!“ hätte ich mindestens erwartet.

Allzu aufgeregte Teilhabe an dieser Debatte weist den Menschen einmal mehr als Omnivoren aus, als Allesfresser, und da könnte der Kompromiss liegen: „Heute gibt es Vegetarier zu essen“ statt „Rinderschnitzel“ und „Veredelte Schlachteabfälle aus der Fleischmehlmast“ – so klingen Speisekarten, die klug Salat und Dinkel verkaufen.

CSU-Jugendschutzexperte Norbert Geis will der digitalen Fickkultur nach britischem Vorbild Einhalt gebieten. Schafft er es, die harten Kerle der Nation zu erweichen?

Als ob der Staat im Neuland irgend etwas kontrollieren könnte! Der Claim „Schnüffeln ja, Fickbildchen nein“ scheint mir noch nicht ganz plakattauglich. Mit der „The internet is for porn“ -Paranoia hatte sich von der Leyen schon zur Zensursula runtergeladen vor ein paar Jahren. Geis muss keine Rücksicht mehr nehmen, er scheidet aus dem Bundestag aus und bereitet sich offenbar auf ein Spätwerk als Kinderzimmerstasi vor.

Von einem neuen Tiefpunkt in den amerikanisch-russischen Beziehungen wird gesprochen, seit Obama sein Tête-à-tête mit Putin vor dem G-20-Gipfel abgesagt hat. Kriegt Putin Obama wieder rum?

Beide verfolgen kritische Publizisten auf ihre je eigene Weise unerbittlich und bis zur Todesstrafe. Nun auch noch Kuschelbilder wäre eh einfach zu viel.

Fettnäpfchen-König Peer Steinbrück findet, dass Angela Merkel wegen ihres DDR-Hintergrunds die Leidenschaft für Europapolitik fehle. Endlich einer, der die Wahrheit ausspricht?

Peer Steinbrück fehlt wegen seines Wahlniederlagen-Hintergrunds (NRW, Bund) die Präzision für wirksame Themen. Er übersieht die Binse „Wenn derdie KanzlerIn stark ist, greift man alles andere an“, und er hat auch nicht wahrgenommen, warum Merkel vor Wochen ihr süßes FDJ-Sekretärin-Geheimnis reibungsarm abgeräumt hat. Merkels Bio wäre ein legitimer Hebel, um über Rot-Rot-Grün zu reden: Wer mit der DDR-Mitläuferin Merkel koaliert hat, muss sich einer Zusammenarbeit mit geradlinigen Sozialisten auch nicht mehr schämen. Gerade ein SPD-Rechter wie Steinbrück müsste eine solche Wende verkörpern, damit es klappt.

Gustl Mollath wurde aus der Psychiatrie in Bayreuth entlassen. Der Mann hat Fans wie ein Popstar. Wer hat da nicht mehr alle Tassen im Schrank?

Man lobt ja den Herrn für jeden Tag, den Til Schweiger die Verfilmung mit sich selbst als Supergustl noch nicht angekündigt hat. Das nüchterne Protokoll des Falles wäre jedem Drehbuchschreiber als paranoider Quatsch um die Ohren gehauen worden. Ein wahr gewordener Alb-, aber: -traum.

Das Insolvenzverfahren für Suhrkamp wurde am Dienstag vom Amtsgericht Berlin-Charlottenburg eröffnet. Das Haus soll eine Aktiengesellschaft werden. Wird der eher profitorientierte Unternehmer Hans Barlach seinen Einfluss bei Suhrkamp verlieren?

Es spricht doch sehr für das hiesige Feuilleton, beim Niedergang einer emotional aufgeladenen Traditionsmarke so viel Aufmerksamkeit generiert zu haben. Es geht nicht darum, das auch nur ein Text verschwände – oder ein Autor nicht mehr publizieren könnte. Neulich hat Wikipedia den kompletten Brockhaus-Verlag aufgegessen, es war eine Fußnote.

Ex-Bundespräsident Christian Wulff verkauft das Haus in Großburgwedel mit 50 Prozent Wertsteigerung. Wer will in der Bude wohnen?

Ja genau! Das muss sich der Käufer schon klar gemacht haben, dass im Kaufpreis ein paar Dutzend Interviews und Kamerabelagerungen mit drin sein werden. Also vermutlich jemand, der drauf steht.

Und was machen die Borussen?

Bayern Vierter, Dortmund Zweiter, und weil damit Ralf Sotscheck einmal Genugtuung widerfährt : Hertha Erster. Saisonabbruch heute wäre okay.

FRAGEN: ANM, LIM

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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