Kommentar EU-Politik Deutschlands: Merkel füttert den Faschismus

Der Erfolg griechischer Faschisten liegt auch an uns. Die Politik der CDU erinnert an die Versuche der Weimarer Republik, ihre Krisen zu bewältigen.

Erfolg auch wegen Deutschland? Anhänger der griechischen Partei Goldene Morgenröte feiern im Juni 2012 ihr Wahlergebnis. Bild: dpa

Wer in Athen am Hauptquartier der Goldenen Morgenröte vorbeifährt, kann die Augen nicht davor verschließen, dass mitten in Europa eine Partei Terrain gewinnt, die offen dem Hitler-Faschismus huldigt: Über mehrere Stockwerke der Fassade hängt eine rote Fahne mit schwarzer Balkensymbolik, die unverhohlen an das Hakenkreuz erinnert.

Dass in Griechenland zum ersten Mal eine radikal neofaschistische Partei knapp 7 Prozent der Stimmen erhält, hat auch etwas mit uns zu tun. Genauer: mit der Politik dieser Bundesregierung und der von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die meint, mit radikalen Spardiktaten und der Wettbewerbspeitsche sei Europa zu heilen.

In Griechenland hat das dazu geführt, dass Parteien der Mitte wie die sozialdemokratische Pasok, die die Sparpolitik im Parlament mit durchgesetzt hat, mittlerweile fast in der Versenkung verschwunden sind. Das alte Griechenland, bis 2008 ein Hort großer parteienpolitischer Stabilität und ohne nennenswerte Vorlieben für faschistische Gruppierungen, existiert nicht mehr.

Wenn bei den nächsten Wahlen die Pasok aus dem Parlament fliegen sollte, könnte die regierende konservative Nea Dimokratia (ND) darum nur noch die Goldene Morgenröte vorfinden, die mit ihr koalieren will. Hierzulande erscheinen solche Gedankenspiele als absurd. In Griechenland sind das realistische politische Szenarien.

Erinnerungen an Weimarer Republik

Diese Entwicklung erinnert fatal an die Weimarer Republik. Damals resultierte der Aufstieg der NSDAP nicht einfach aus der galoppierenden Inflation, die es bis 1923 gab, oder der schweren Weltwirtschaftskrise von 1929, wie immer wieder verkürzt behauptet wird. Sondern aus der spezifischen Bearbeitung dieser schweren Krisen.

Nachdem die Krise von 1929 ein riesiges Loch in den Staatshaushalt gerissen hatte, gewann, gestützt durch mächtige Kapitalfraktionen und ordoliberale Staats- und autoritäre Rechtstheoretiker, eine Politik die Oberhand, die eine rabiate Sparpolitik forcierte. Zu deren Durchsetzung wurde die bereits in Gang gesetzte Aushöhlung der demokratischen Elemente der Weimarer Reichsverfassung beschleunigt.

Reichskanzler Heinrich Brüning verabschiedete ab 1930 in nur zwei Jahren mithilfe von Notverordnungen vier große Spar- und Deflationsprogramme. Er erklärte diese Politik zum Prüfstein „für die Lebensfähigkeit des parlamentarischen Systems“. Anträge der Opposition zur Aufhebung dieser Verordnungen scheiterten regelmäßig an der gleichfalls oppositionellen SPD, die Neuwahlen und damit ein weiteres Erstarken von Hitlers NSDAP fürchtete.

Genutzt hat es nichts: Die Folgen der Sparpakete und installierten Schuldenbremsen waren verheerend und trieben der NSDAP weitere Wähler zu. Das Übrige besorgte eine Politik, die demokratische und parlamentarische Rechte in wenigen Jahren zerrieben hatte.

Mehr vom Alten

Geschichte wiederholt sich nicht einfach. Aber die Erfahrungen der Weimarer Republik helfen zu verstehen, unter welchen Voraussetzungen Autoritarismus und Neofaschismus gedeihen.

Wer also ein friedliches und demokratisches Europa verteidigen will, muss Angela Merkel abwählen. Der einzige berechtigte Einwand dagegen lautet: Rot-Grün wird es kaum besser machen.

Deren Schizophrenie, die Bundeskanzlerin für die Zerstörung Europas zu geißeln, aber aus „europapolitischer Verantwortung“ für Schuldenbremse und Fiskalpakt mitzustimmen, lässt in der Tat nichts Gutes erwarten. Trotzdem: Mit Rot-Grün, besser noch Rot-Rot-Grün, gäbe es zumindest ein kleines window of opportunity für eine neue Politik. Mit der CDU gibt es nur mehr vom Alten.

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Jahrgang 1976. Ist seit 2009 bei der taz und schreibt über Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie die Gewerkschaften

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