Unglück in Peking wird vertuscht: Panik und Tote unter Maos Augen

Auf dem Pekinger Tiananmenplatz rast ein Auto in eine Menschenmenge und geht in Flammen auf. Behörden vertuschen den Zwischenfall.

Rauch vor dem Mao-Portrait am Montag Mittag: Die Behörden versuchten, alle Fotos zu vernichten. Bild: Reuters

PEKING taz | Er gilt als einer der am strengsten überwachten Plätze der Welt. Wer etwa als Tourist den berühmten Tiananmenplatz betreten will, muss vorher durch Sicherheitsschleusen, an denen ähnlich wie am Flughafen Jacken und Taschen gründlich gefilzt werden. Kurz nach Einbruch der Dunkelheit wird der umzäunte Platz mitten im Zentrum Pekings geschlossen. Tag und Nacht patrouillieren dutzende Soldaten und Zivilbeamte über den Platz – trotz der bereits vielen installierten Kameras an jedem zweiten Laternenpfahl.

Ausgerechnet am politisch sensibelsten Punkt des Platzes, unmittelbar vor dem Eingangstor zur Verbotenen Stadt, an dem das große Porträt von Mao Tse-tung hängt, raste am Montag zur Mittagszeit ein Geländewagen durch die Absperrung, knallte gegen einen Brückenpfosten und ging inmitten der Menschenmenge in Flammen auf. Das Eingangstor des alten Kaiserpalasts gehört zur Hauptattraktion der chinesischen Hauptstadt und zieht jeden Tag hunderttausende Touristen an.

Sicherheitskräfte waren zwar schnell zur Stelle. Dennoch berichten Augenzeugen von panikartigen Zuständen. Bis zum Abend bestätigte die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua 5 Tote und 38 Verletzte, darunter auch Polizisten und Ausländer. Unter den Toten sind der Fahrer und zwei Insassen sowie ein chinesischer Tourist aus der Provinz Guangdong und eine philippinische Touristin. Die Verletzten wurden ins nahe gelegene Krankenhaus gebracht.

Über mögliche Ursachen oder Motive machten die chinesischen Behörden keine Angaben. Im Netz kursierten Gerüchte über einen gezielten Selbstmordanschlag. Erste Bilder des brennenden Autos, die Augenzeugen sogleich ins Netz gestellt hatten, legen die Vermutung nahe, dass der Fahrer gezielt in die Menschenmenge gerast ist. Nur wenige hundert Meter neben dem Eingangstor zum alten Kaiserpalast beginnt das Regierungsviertel Zhongnanhai, wo die chinesischen Spitzenfunktionäre ihre Villen und Sitzungshallen haben

Fotografen und Touristen müssen ihre Bilder löschen

Wie groß die Angst der chinesischen Behörden ist, dass dieser Zwischenfall politisch gedeutet werden könnte, zeigt auch die Reaktion der Zensoren. Die Bilder im chinesischen Netz waren binnen weniger Minuten gelöscht. Sicherheitskräfte nahmen zudem zwei ausländische Fotografen von der Nachrichtenagentur AP für kurze Zeit fest und löschten die Bilder ihrer Kameras.

Auch Touristen wurden festgehalten und mussten ihre Kameras abgeben. Eine Besucherin aus den USA berichtete auf Twitter, dass sie erst zwei Stunden später wieder auf freiem Fuß war.

Sehr viel schneller hingegen erfolgte die Spurenbeseitigung. Polizisten hatten nur eine Stunde nach dem Vorfall das Areal weiträumig abgeschirmt und drei Meter hohe Planen aufgestellt. Die nahe gelegene U-Bahnstation wurde für einige Stunden geschlossen und der sonst dichte Verkehr auf der Changan-Allee unterbrochen. Gegen 15.30 Uhr waren die Sperren wieder aufgehoben. Von dem brennenden Fahrzeug und den zertrümmerten Metallgittern war nichts mehr zu sehen.

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