Kommentar Entschädigungen bei Bahn: Teurer Wettbewerbsnachteil

Warum sollen Fahrgäste, die im Bus im Stau stehen, leer ausgehen, Passagiere aber, die in einem gestoppten Zug sitzen, entschädigt werden? Das ist ungerecht.

Wo ist die Trasse? Auch bei höherer Gewalt haftet die Bahn für Verspätungen. Bild: dpa

Es klingt so schön und verbraucherfreundlich: Fällt ein Zug aus oder kommt er erheblich zu spät, so steht den Kunden und Kundinnen eine Entschädigung zu – egal was der Grund für die mangelhafte Beförderungsdienstleistung war. So urteilte der Europäische Gerichtshof im September. Die Deutsche Bahn AG drängt nun auf eine Änderung der EU-Fahrgastverordnung, weil sie sich im Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern benachteiligt sieht. Zu Recht.

Denn während die Bahnunternehmen auch bei höherer Gewalt – also etwa Unwetter, Erdbeben, Hochwasser oder Streik – in jedem Fall entschädigen sollen, haben die Kunden von Fluggesellschaften, Bus- oder Fährunternehmen deutlich weniger Rechte. Das ist schlicht ungerecht.

Warum sollen Fahrgäste, die in einem Bus im Stau stehen, leer ausgehen, Passagiere aber, die in einem wegen eines Suizids gestoppten Zug sitzen, entschädigt werden müssen? Oder warum dürfen Fluggesellschaften bei einem Vulkanausbruch ihre Kunden hängen lassen; während die Bahn auch bei Hochwasser fahren soll?

So wird der Wettbewerbsnachteil der Bahn verstärkt. Dabei zahlen etwa Fernbusse in Deutschland keine Autobahnmaut, während Bahnunternehmen Trassengebühren begleichen; dabei zahlen Fluggesellschaften keine Kerosinsteuer, während die Bahn für Strom und Diesel Steuern entrichtet.

Höhere Gewalt ist aber nicht gleich höhere Gewalt. Wenn Streiks absehbar sind, sollte sich ein Mobilitätsdienstleister nicht einfach darauf berufen können. Und wenn eine Sturmböe einen morschen Baum abknickt, der auf die Schiene fällt, so kann es durchaus sein, dass der Baum vor dem Sturm hätte gefällt werden müssen. Die EU sollte für diese und andere Fälle definieren, wann Entschädigungsansprüche bestehen. Das Wichtigste aber ist: Die Regeln müssen für alle gelten.

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Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.

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