Kommentar Bundeswehr in Afrika: „Muster Mali“ – habt ihr sie noch alle?

Die neue deutsche Außenpolitik riecht nach Innenpolitik. Es gibt keinen Sachgrund, warum die Bundeswehr in Mali in großem Umfang auftreten sollte.

Plant fleißig neue Auslandseinsätze der Bundeswehr: Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Bild: dpa

Übers Wochenende hat sich die Große Koalition einen Plan für Afrika ausgedacht und für die Zukunft der Bundeswehr sowie Europas gleich mit. Berlin erkennt in Mali einen Ort, an dem unbedingt deutsche Soldaten für Frieden und Sicherheit sorgen müssen. Das entlastet die Franzosen. Die können dann 3.000 Kilometer weiter östlich in der Zentralafrikanischen Republik für Frieden und Sicherheit sorgen.

So soll endlich eine seit zwanzig Jahren bloß beschworene gemeinsame europäische Außen- und Verteidigungspolitik beginnen, die dann auf ewig mit dem Namen Frank-Walter Steinmeier verbunden wird. Hat einer der großen Geostrategen eigentlich auch nur einen einzigen Malier dazu befragt? Oder wurde Afrika einfach zum Austragungsort auserkoren, damit sich Deutschland als Ideengeber einer neuen europäischen Sicherheitspolitik aufspielen kann?

Die gesamte Intonierung des Vorstoßes ist unlauter und unseriös. Außer dass knapp hundert deutsche Soldaten bereits in Mali sind, gibt es vor Ort keinen Sachgrund, warum die Bundeswehr ausgerechnet dort in großem Umfang auftreten sollte. Die deutschen Truppen sind noch nicht aus Afghanistan zurück, da werden sie schon wieder in ein Land geschickt, von dem weder in der Bundeswehr noch in der Politik jemand wirklich etwas versteht.

Welche Lehren will man überhaupt aus Afghanistan gezogen haben, wenn nicht die, dass eine ungeheure Verantwortung aus Militäreinsätzen entspringt und dass man sich vorher gründlich mit den inneren Konflikten eines Landes beschäftigen müsste?

Deutsch-französische Achse

Stattdessen werden bereits ganze „Pakete“ von Einsatzorten geschnürt, Südsudan, Zentralafrika, Somalia, Mali, alles in einem Atemzug genannt – wird er schon dankbar sein, der Afrikaner. Hauptsache, die hiesigen Blätter schreiben passend zur Münchner Sicherheitskonferenz in zehn Tagen, dass Steinmeier zum neuen Motor der deutsch-französischen Achse geworden ist oder was der außenpolitische Floskelschatz noch so hergibt.

Die neue deutsche Außenpolitik riecht nach Innenpolitik. Sie will die Öffentlichkeit nicht für andere Weltregionen und deren Probleme interessieren, sondern diese bloß zur Profilierung nutzen. Das ist obszön. Es diskreditiert jeden ernst gemeinten Versuch, Krisen in Afrika lösen zu helfen.

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Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.

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