EU für Wettbewerb auf der Schiene: Freie Fahrt für jede Firma

Das Europäische Parlament berät über die Liberalisierung der Eisenbahnen. Vor der Tür demonstrieren Gewerkschafter, die um ihre Jobs fürchten.

Voll modern: Die europäischen Eisenbahnen sollen liberalisiert werden. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Standort Straßburg des Europäischen Parlamentes ist zwar überflüssig – aber immerhin fördert er den Schienenpersonenverkehr. Schließlich müssen nicht nur die Abgeordneten und ihre Mitarbeiter irgendwie zu den Sitzungswochen des Parlaments in die elsässische Stadt kommen, auch Demonstranten, die gegen europäische Politikvorhaben protestieren wollen, müssen extra anreisen.

So auch am Dienstag, wenn Gewerkschafter in Straßburg gegen die weitgehende Liberalisierung des europäischen Bahnverkehrs demonstrieren wollen. Sie fürchten um die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze und Lohndumping durch Billigkonkurrenten im Schienenverkehr.

Hintergrund ist das sogenannte vierte Eisenbahnpaket, mit dem die EU-Kommission den europaweiten Schienenpersonenverkehr liberalisieren will. Am Dienstag wird das Maßnahmenpaket der EU-Kommission im Europäischen Parlament beraten. Damit beginnt das Gesetzgebungsverfahren, in dem – wie immer – das Europäische Parlament und die Regierungen der Mitgliedstaaten ein gehöriges Wörtchen mitzureden haben. Der Verkehrsausschuss des Parlaments hat den Vorschlag der Kommission in wesentlichen Punkten bereits gebilligt.

Wichtigstes Ziel der EU-Kommission ist es, den gesamten inländischen Schienenpersonenverkehr in den Mitgliedsländern ab Dezember 2019 für neue Marktteilnehmer und Dienste zu öffnen. Bislang sind diese Märkte weitgehend geschlossen. Nur Schweden und Großbritannien haben sie komplett geöffnet, während Deutschland, Österreich, Italien, Tschechien und die Niederlande ihre Märkte teilweise geöffnet haben.

Netz und Betrieb sollen getrennt werden

Große Länder wie Frankreich, Spanien oder Polen schotten sich ab. Zudem fordert die EU-Kommission, die Europäische Eisenbahnagentur mit Sitz in Nordfrankreich zur einzigen Anlaufstelle für europaweit gültige Genehmigungen für Eisenbahnfahrzeuge zu machen. Auch sollen Netz und Betrieb der Bahnen strikt getrennt werden.

Für Deutschland befürchtet der Konzernbetriebsrat der bundeseigenen Deutschen Bahn AG eine „faktische Zerschlagung des Konzerns“. Die Leidtragenden wären die Beschäftigten der DB. „Wir als Bahner und Beschäftigte des DB-Konzerns lassen uns auf keine Experimente der europäischen Politik ein“, sagt Jens Schwarz, Chef des Konzernbetriebsrates. Vor allem dürfe der konzernweite Arbeitsmarkt nicht zerschlagen werden.

Der Verband der Privatbahnen, Mofair, begrüßt die Pläne der EU-Kommission. Nur wettbewerbsfähige Bahnen seien in der Lage, sichere Arbeitsplätze zu bieten, sagt Verbandschef Wolfgang Meyer. „Die Mitgliedsstaaten sind auf Dauer nicht in der Lage, die Ansprüche ihrer Staatsbahnen zu finanzieren.“ Eine Öffnung des Marktes bringe bessere Züge und mehr Fahrleistungen, vor allem im Schienenpersonennahverkehr und im Güterverkehr.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.