Personalpolitik: Grüne Spitzenfrau gesucht

Niedersachsens Grüne wählen im Mai eine neue Landesvorsitzende. Auf die wartet Konfliktpotenzial: Nach einem Jahr Rot-Grün grummelt die Basis.

Erfahrene Streiterin: Meta Janssen-Kucz 1996 mit ihrem Grünen-Co-Landeschef Hans-Albert Lennartz. Bild: dpa

HANNOVER taz | Bei Niedersachsens Grünen formieren sich die Anwärterinnen für den vakanten Posten in der Doppelspitze der Partei. Vor vier Wochen hatte Julia Willie Hamburg den Landesvorsitz wegen einer Herzerkrankung aufgegeben. Im Mai wählen die Grünen eine Nachfolgerin – und haben voraussichtlich viel Auswahl. Als Kandidatinnen haben sich bislang die Vize-Parteivorsitzende Sybille Mathfeldt-Kloth und die Landtagsabgeordnete Meta Janssen-Kucz gemeldet. Birgit Kemmer, ebenfalls Vize-Parteivorsitzende, erwägt eine Kandidatur.

Kein leichter Job: Nach einem Jahr rot-grüner Regierungspolitik knirscht es an der Basis an mancher Stelle. Das grüne Profil vermissen nicht nur Umweltverbände von Bund bis Greenpeace. Zuletzt sorgte Grünen-Umweltminister Stefan Wenzel mit einem Fracking-Erlass für Bauchschmerzen. Der ermöglicht die umstrittene Gas-Fördermethode grundsätzlich unter Auflagen in konventionellen Lagerstätten. Für manchen Grünen ein Tabubruch: Noch im Wahlprogramm steht, Fracking sei als „Risikotechnologie“ zu verhindern.

Knackpunkte sind für die Basis auch die Mehrarbeit für Gymnasiallehrer. Die brachte die Lehrerschaft nicht nur gegen SPD-Kultusministerin Frauke Heiligenstadt auf. Auch bei den Grünen gab es Schmähbriefe bis hin zu Protestaustritten. Noch nicht überall hat man zudem verwunden, dass man den Verfassungsschutz nicht, wie vor der Wahl gefordert, komplett abschafft, sondern an einer Reform bastelt.

Vermittlungsarbeit gibt es für die künftige Vorsitzende, die neben dem Realo Jan Haude den linken Parteiflügel in der Doppelspitze vertreten soll, also reichlich. Als klare Favoritin wird dafür parteiintern die Landtagsabgeordnete Janssen-Kucz gehandelt. Während Mathfeldt-Kloth als eher profillos, Kemmer vor allem als Kommunalpolitikerin wahrgenommen wird, gilt sie als rundrum erfahren.

Die Ostfriesin ist seit über 20 Jahren kommunalpolitisch aktiv, sitzt noch heute im Kreistag Leer. Im Landtag war sie von 1998 bis 2008 und rückte 2011 für den verstorbenen Ralf Briese nach. Dort ist sie Innenpolitikerin, mittlerweile auch Vize-Fraktionschefin. Auch Landesparteivorsitzende war sie bereits von 1995 bis 1997 – kurz nachdem die Grünen aus dem ersten rot-grünen Bündnis in Niedersachsen ausgeschieden waren und die SPD die Alleinregierung übernahm.

Wie die Partei neben der SPD untergehen kann, weiß Janssen-Kucz also. Um grüne Anliegen umzusetzen, reiche es „lange nicht, sich nur mit der SPD auf die Ein-Stimmen-Mehrheit zu einigen“, sagt sie heute. Und während manche Grünen-Abgeordnete dieser Tage bei kritischen Themen abtauchen, zitiert Janssen-Kucz den eigenen Ministern mitunter zur Erinnerung schon mal aus dem Koalitionsvertrag. Eine „Streiterin, die noch nie in ihrem Leben bequem war“ nennt sich die 53-Jährige selbst. Als „herzlich, offen, dabei durchsetzungsstark und direkt“, charakterisiert man sie in der Fraktion.

Als größte Unwägbarkeit bei der Wahl im Mai gilt die Frage, wie die Basis zur urgrünen Frage der Trennung von Amt und Mandat steht. Schon die zurückgetretene Hamburg brauchte einst zwei Wahlgänge, auch weil sie neben dem Parteivorsitz für ein Landtagsmandat angetreten war. „Ich kann glaubwürdig Parteiinteressen vertreten“, sagt Janssen-Kucz. Den Vize-Fraktionsvorsitz werde sie im Falle einer Wahl zur Landesparteichefin aber abgeben. „Das ist nicht kompatibel, ich will mir meine Eigenständigkeit erhalten.“

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