Tarifrunde öffentlicher Dienst: Eine offensive 7 vor dem Komma

In Potsdam beginnen am Donnerstag die Verhandlungen für 2,1 Millionen Beschäftigte in Bund und Kommunen. Die Gewerkschaften fordern viel.

Bald könnte es mal wieder so weit sein - die Gewerkschaften bereiten sich auf Warnstreiks vor. Bild: dpa

BERLIN taz | Es kommt nicht oft vor, dass Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes die Forderungen ihrer Kollegen aus der Industrie toppen. Dieses Jahr ist es so: Rund 7 Prozent mehr Lohn wollen die Gewerkschaften in der Tarifrunde des öffentlichen Dienstes, die am Donnerstag in Potsdam beginnt, für die rund 2,1 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen aushandeln.

Als „maßlos überzogen“ hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) die Forderung umgehend bezeichnet. Er und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) verweisen auf die klamme Finanzlage vieler Kommunen. Auf sie kämen allein 6 Milliarden Euro jährliche Mehrausgaben zu. Unklar ist, ob die Arbeitgeber zum Auftakt ein Gegenangebot vorlegen werden.

Ver.di und der Deutsche Beamtenbund, die unter anderem für die Arbeitnehmer verhandeln, pochen darauf, dass es einen Nachholbedarf im öffentlichen Dienst gibt. Seit dem Jahr 2000 hinke die Lohnentwicklung der Gesamtwirtschaft mehr als 4 Prozentpunkte hinterher. Deshalb werde das Werben um dringend benötigten Nachwuchs immer schwieriger. Zudem könnten die Kommunen laut Prognosen für den Zeitraum von 2011 bis 2015 mit einem Steuerplus von 19,5 Prozent rechnen. Nach mageren Zeiten soll sich ihr Überschuss in den nächsten Jahren, wie bereits 2013, auf jeweils rund 4 Milliarden Euro belaufen.

Die Gewerkschaften wollen vor allem die unteren Einkommen spürbar aufbessern. Sie verlangen einen Sockelbetrag von 100 Euro und zusätzlich 3,5 Prozent mehr Lohn, insgesamt rund 7 Prozent. Dazu gesellen sich weitere Forderungen, etwa nach 30 Tagen Urlaub für alle.

Rotes Tuch Sockelbetrag

Für die Arbeitgeber ist vor allem der Sockelbetrag ein rotes Tuch. Er beschere unteren Entgeltgruppen ein Lohnplus von über 10 Prozent. „Dadurch steigt der Druck zu Privatisierungen und Outsourcing“, sagt Manfred Hoffmann, VKA-Hauptgeschäftsführer, und verweist auf Müllabfuhr und Nahverkehr.

Für den Sockelbetrag gebe es jedoch innerhalb Ver.dis „eine große Unterstützung“, sagt Bundesvorstandsmitglied Achim Meerkamp, der mitverhandelt. Die Gewerkschaften wollen nicht die Zeche zahlen für eine in ihren Augen verfehlte Steuerpolitik und die daraus entstandenen hohen Schulden mancher Kommune. Auch von Privatisierungsdrohungen lässt man sich nicht schrecken. Es sei wichtig, im Inland für Konsumanreize zu sorgen. Das „zeigt nicht zuletzt die Kritik am Exportmodell Deutschland“, sagt Meerkamp.

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