Termin-Diskussion: Deutschland sucht die Superferien

Die Ministerpräsidenten konferieren über den sogenannten Sommerferien-Korridor, der den Zeitraum für die Ferien aller Länder vorgibt. Weil Bayern und Baden-Württemberg sich auf uralte Regelungen berufen, rebellieren nun die anderen.

Nervtötende Nebenwirkung: Wenn sich die Sommerferien der Bundesländer zu sehr überschneiden, gibts Stau. Bild: dpa

HAMBURG taz | Seit Jahren gibt es zwischen den deutschen Bundesländern Streit über die Terminplanung der Sommerferien. Auch Wirtschafts- und Tourismusverbände klagen über den engen Zeitraum der Sommerferien. Am gestrigen Donnerstagabend wurde darüber in Berlin beraten. Niedersachsen fordert nun mehr Flexibilität seitens der Länder.

Das Problem am sogenannten „Sommerferien-Korridor“ ist folgendes: Die Kultusminister der Bundesländer müssen sich auf einen Zeitraum einigen, in dem alle 16 Bundesländer Sommerferien haben können, ohne dass alle gleichzeitig beginnen oder enden. Bei der Findung dieses Zeitraums müssen Probleme wie zu kurze Prüfungsphasen und erhöhtes Verkehrsaufkommen ausgeglichen werden. So ist es unvorteilhaft, wenn zwei Bundesländer, die nebeneinander liegen, gleichzeitig Ferienbeginn haben, weil dann die Wahrscheinlichkeit steigt, dass es Staus gibt.

Ein Lösungsansatz wäre, dass die Kultusminister den Sommerferienkorridor verlängern. Bisher waren die Kultusminister dagegen, weil das bedeuten könnte, dass zwischen Pfingsten und Ferienbeginn nicht genug Zeit für die Prüfungen sind. Weil die Bundesländer, laut Kultusministerkonferenz, nur 83 Tage als Zeitraum festgelegt hatten, hagelte es von allen Seiten Kritik: Der ADAC beklagte das starke Verkehrsaufkommen mit 850 Staus im letzten Jahr, der Tourismusbranche sind nach eigenen Angaben bis zu 120 Millionen Euro entgangen, pro ausgefallenem Ferientag. Auch die Wirtschaftsministerien beklagen den kurzen Ferienzeitraum, denn gerade an Nord- und Ostsee sind die Hotels meist nur zu den Sommerferien ausgebucht.

Die Kultusminister liegen seit Jahren im Clinch, denn jedes Jahr beharren Bayern und Baden-Württemberg auf den spätesten Ferienterminen. Daher sind diese für die anderen Bundesländer unerreichbar; so ist es einer Hamburger Familie selten möglich, einen Urlaub für Mitte September zu buchen. Die Forderung Bayern und Baden-Württembergs geht darauf zurück, dass die Kinder im letzten Jahrhundert bei der Ernte in den späten Sommermonaten helfen sollten.

Alte Ansprüche

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil lässt das heute als Begründung nicht mehr gelten: „Hier gibt es keine Erbhöfe, also es gibt keinen Anspruch eines Landes, und sei es Bayern, nur zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt Sommerferien zu haben.“ Außerdem spricht sich Weil für einen längeren Zeitraum aus: „Wir sagen, wir haben 90 Tage und die sollen auch weitmöglichst ausgeschöpft werden.“ Alle anderen Bundesländer passen sich einem Rotationssystem an, in dem sich die Bundesländer mit den Terminen abwechseln.

Die Ministerpräsidenten haben sich jetzt erstmals aktiv eingeschaltet und erklären das Thema zur Chefsache – sie wollen selbst den Sommerferienkorridor für die Ferien 2018 bis 2024 vorgeben, welcher für die Kultusminister bindend ist. Die konkreten Zeiträume, also wann welches Bundesland innerhalb der 83 Tage Ferien hat, werden dann die Kultusminister festlegen.

Die Kultusminister haben sich bisher gegen eine Verlängerung des Ferienzeitraums ausgesprochen, damit für die Länder, die früher in die Ferien starten, kein Prüfungsstress entsteht.

Gemischte Meinungen

Aus den Bundesländern gibt es dazu gemischte Meinungen: Hamburg möchte ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen den Halbjahren: „Die Ferienregelung muss so gestaltet werden, dass überlange beziehungsweise deutlich zu kurze Unterrichtsphasen zwischen den Ferien vermieden werden“, hieß es aus der Bildungsbehörde. „Eine Ausdehnung des Gesamtzeitraums der Sommerferien wäre allerdings denkbar, wenn sich auch Bayern und Baden- Württemberg an dem rollierenden Verfahren der anderen Bundesländer beteiligen würden“, so die Behörde weiter.

Auch Schleswig-Holstein, das durch seine vielen Kur- und Ferienorte und der Küsten stark auf Tourismus angewiesen ist, setzt sich für einen 90-Tage-Korridor, von Mitte Juni bis Mitte September, ein. „Hier sind sich Wirtschaftsminister und Kultusministerin einig: Für ein Tourismusland wie Schleswig-Holstein ist das der richtige Weg“, sagt Thomas Schunck, Sprecher des Bildungsministeriums. „Schön wäre es, wenn in Zukunft auch Bayern und Baden-Württemberg wieder bei dem Rotationsprinzip dabei sind.“

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Dehoga würde einen längeren Zeitraum begrüßen: „Wenn die Sommerferien auf einen breiteren Korridor ausgelegt wären, würde es dazu führen, dass die Betriebe länger von den Gästen mit schulpflichtigen Kindern profitieren können“, sagte Gregor Maihöfer, Sprecher des Dehoga.

Die Ministerpräsidenten wollen sich nun auf einen Zeitraum einigen, in dem die Kultusminister und Bildungssenatoren die Sommerferienzeiträume aushandeln können. Die Ferien werden immer sechs Jahre im Voraus festgelegt.

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