Juristen kauften vorab Prüfungsaufgaben: Gezinkte Staatsexamen

In Niedersachsen soll ein Richter Klausurlösungen regelrecht verkauft haben. Er flog auf. Jetzt müssen Tausende Examen untersucht werden.

Ohne seinen Hammer, aber mit Pistole: Die Polizei nahm den beschuldigten Richter in Italien fest Bild: dpa

HANNOVER dpa | Angehende Juristen in Niedersachsen sollen sich gute Noten im Examen gekauft haben. Wegen Korruptionsvorwürfen gegen einen Mitarbeiter des Landesjustizprüfungsamtes werden dort nun die Abschlussprüfungen von rund 2.000 Juristen untersucht. Zwölf Sonderprüfer würden damit sofort beginnen, sagte Justizstaatssekretär Wolfgang Scheibel am Mittwoch in Hannover. „Wir werden alle Prüfungen seit 2011 durchsehen. Es geht nicht anders.“

Hintergrund ist der Fall eines Richters, der seit damals im Landesjustizprüfungsamt in Celle arbeitete und Klausurthemen und -lösungen an Kandidaten verkauft haben soll, die nach Ende ihrer Referendarzeit kurz vor dem letzten Staatsexamen standen. Vor allem Prüfungswiederholern soll der Mann seine Dienste angeboten haben, sagte der Staatssekretär.

Ob und wie viele darauf eingingen, ist noch unklar. Das soll nun die Durchsicht der Abschlussexamen ermitteln. Doch das wird dauern – voraussichtlich bis zum Sommer. Wie viel Geld verlangt wurde? „Preise kann ich nicht nennen. Es geht aber nicht um Kleingeld“, meinte der Staatssekretär.

30.000 Euro und eine geladene Pistole

Gegen den 48-jährigen Richter ermittelt die Staatsanwaltschaft Verden wegen Verdachts auf Korruption. Der Jurist wurde Anfang der Woche in Italien festgenommen – wann er ausgeliefert wird, ist noch unklar. Bei seiner Festnahme in einem Mailänder Hotel soll der Richter laut Medienberichten eine geladene Pistole, 30.000 Euro und eine junge Rumänin bei sich gehabt haben. „Die Begleitumstände sprechen für sich“, sagte Scheibel.

Die ersten Hinweise auf Unregelmäßigkeiten gab es nach seinen Angaben 2013. Damals sei bei einem Staatsexamens-Wiederholer aufgefallen, dass dieser in der Abschlussprüfung Leistungen erbrachte, die nach seinen bisherigen nicht plausibel erschienen.

Beim Niedersächsischen Richterbund kann der Vorsitzende Andreas Kreutzer nur den Kopf schütteln. „Das ist ein absoluter Einzelfall“, sagt der Braunschweiger Jurist. „Ich bin seit 34 Jahren in der niedersächsischen Justiz. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es so etwas schon einmal gegeben hat.“

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