Betreiber wollen AKWs abstoßen: VEB Atomkraft im Angebot

Stromkonzerne bieten an, AKWs und Atommüllentsorgung in einer öffentlichen Stiftung zu bündeln. Dafür könnten Klagen zurückgezogen werden.

Werden hier demnächst unterm staatlichen Dach Brennstäbe gekühlt? AKW Grundremmingen in Bayern. Bild: ap

BERLIN taz | Die deutschen Stromkonzerne planen offenbar, die Verantwortung für den Betrieb der Atomkraftwerke, ihren Rückbau und die Endlagerung des radioaktiven Abfalls in eine öffentlich-rechtliche Stiftung zu überführen. Über einen solchen abgestimmten Plan zwischen den Betreibern RWE, Eon und EnBW berichtet das //magazin.spiegel.de/digital/index_SP.html#SP/2014/20/126954455:Nachrichtenmagazin Der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe. Damit könnten die Atomkonzerne sich von einem teuren und risikoreichen Geschäftsgebiet trennen und der Politik gleichzeitig Zugriff auf die milliardenschweren Rückstellungen gewähren, die die Konzerne für die Atommüllentsorgung gebildet haben.

Eon wollte die Meldung am Sonntag auf Anfrage nicht kommentieren. Die zuständige Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) lehnte den Vorschlag ab: Die Verantwortung für die Atomanlagen liege bei den Unternehmen. „Diese haben sämtliche Kosten der Stilllegung, des Rückbaus sowie der Endlagerung zu tragen.“ Gespräche über eine solche Lösung habe es bisher aber nicht gegeben.

Nach Plänen der Konzerne sollte eine Stiftung die gesamte Atomindustrie unter einem Dach vereinen: den Betrieb der Atomkraftwerke bis zur Stilllegung spätestens im Jahr 2022, ihren Abriss und die Endlagerung der nuklearen Abfälle. Dafür stellen die Stromkonzerne laut dem Bericht in Aussicht, ihre Milliardenklagen gegen den Atomausstieg und gegen die Steuer auf Brennelemente zurückzuziehen. Und sie bieten an, ihre Rückstellungen für die Entsorgung, etwa 30 Milliarden Euro, in die Stiftung zu überführen.

Schon lange fordern Umweltverbände und Politik, die Unternehmen müssten ihre Rückstellungen in einen öffentlich-rechtlichen Fonds überführen – allerdings nur das Vermögen, nicht den AKW-Betrieb und das Risiko. „Die Rückstellungen sind nicht insolvenzsicher“, hatte Greenpeace bereits 2012 gewarnt. Die Umweltminister der Länder forderten 2013 einen solchen Fonds, und jüngst bekräftigte der neue Abteilungsleiter für Reaktorsicherheit aus dem Bundesumweltministerium, Wolfgang Cloosters, solche Überlegungen, damit die Finanzen „zur Verfügung stehen, wenn sie gebraucht werden“.

Negativbeispiel Tepco

Die Angst hinter diesen Planspielen: Den Stromkonzernen geht es wirtschaftlich schlecht. Durch eigene Fehlplanungen und die Energiewende sind ihre Gewinne geschrumpft, die Aktienkurse fallen, die Unternehmen bauen Personal ab. Bei einer möglichen Insolvenz eines Unternehmens bliebe aber im Zweifel der Staat auf den Folgekosten der Atomkraft sitzen. Abschreckendes Beispiel ist der japanische Stromkonzern Tepco, den der Staat nach dem Unglück von Fukushima übernahm.

Die Konzerne hätten ihren Vorschlag in den letzten Monaten „durch eine Drohkulisse mit etwa 30 Klagen“ vorbereitet, sagte der grüne Umweltminister von Niedersachsen, Stefan Wenzel, der taz. „Offenbar wollen sich die Betreiber schnell und billig aus der Affäre ziehen“, denn die Kosten für Rückbau und Endlagerung lägen weit höher als die bisherigen Rückstellungen. „Wenn es mit dem Geldverdienen vorbei ist, werden dem Staat und den Bürgern die Scherben vor die Füße gekippt.“ Auch Jochen Stay von der Initiative ausgestrahlt nannte den Vorstoß ein „vergiftetes Angebot“. Wenn Atomkraftwerke „so unrentabel sind, dass sie nicht einmal ihre Abrisskosten einspielen, sollten sie sofort abgeschaltet werden“.

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