Kommentar Putin in China: Echte Freunde – für den Westen

Sind Russland und China nach dem Milliarden-Deal nun beste Gas-Kumpels? Nein – aber Putin und Xi Jinping haben Interesse daran, diesen Anschein zu erwecken.

Putin ganz süß – aber beim Gas kann er auch hart verhandeln. Bild: dpa

Am Ende des zweitägigen Staatsbesuchs des russischen Präsidenten Wladimir Putin herrschte in Shanghai dann doch noch eitel Sonnenschein. Dabei sah es noch am Vorabend so aus, als ob sich die russischen und chinesischen Verhandlungsdelegationen bei den Gaslieferungen auch weiter nicht einig werden würden - trotz der fast 20-jährigen Verhandlungen.

Doch dieses Mal kam Druck von ganz oben. Kurz vor Putins Abflug haben Russland und China gestern den bislang größten Gasvertrag in der russischen Geschichte besiegelt. 38 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr soll Gazprom künftig den Chinesen liefern.

Beide Seiten können dem Rest der Welt nun zeigen: Hey, wir sind gar nicht isoliert. Wir haben ja uns. Doch der Schein trügt.

Denn tatsächlich stehen sich die beiden Großmächte auch weiterhin misstrauisch gegenüber. Die beiden Kontrahenten, die sich zu Sowjetzeiten sogar offen bekriegt hatten, haben das Kriegsbeil zwar schon vor einiger Zeit begraben. Mögen tun sie sich aber auch weiterhin nicht.

Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass Chinas Staatspräsident Xi Jinping gegenüber Putin so gut wie kein Wort über die Ukraine-Krise verlor. Dabei war der eigentliche Anlass von Putins Besuch in Shanghai die Sicherheitskonferenz CICA, an der 24 zumeist asiatische Regierungschefs teilnahmen. Xi sprach nur allgemein von Terrorbekämpfung.

Umgekehrt hielt sich Putin bedeckt beim Inselstreit, den China derzeit vor allem mit Vietnam führt - wiederum ein enger Verbündeter Russlands.

Seitdem das chinesische Militär vor zwei Wochen in dem umstrittenen Seegebiet unweit der vietnamesische Küste eine Ölplattform verankert hat, droht der Konflikt zu eskalieren. In Vietnam kam es bereits zu blutigen antichinesischen Protesten, bei denen mindestens zwei chinesische Staatsbürger ums Leben kamen. Russland hätte nicht zuletzt auf dieser Konferenz vermitteln können.

Doch Putin hielt sich bedeckt. Die Verhandlungen um das Gaslieferungsabkommen haben das Misstrauen zwischen China und Russland sogar verstärkt. Chinas Führung wollte Profit schlagen aus Putins derzeitigem Streit mit der EU um die Ukraine und dem drohenden Verlust der russischen Gasgeschäfte in Europa und hat hoch gepokert. Putin hat das jedoch erkannt und ist hart geblieben.

Herausgekommen ist ein Kompromiss, der im Detail wahrscheinlich beide nicht gut aussehen lässt. Bei der bis zum Schluss offenen Frage nach dem Lieferpreis bleiben sie unkonkret, halten sie sich bedeckt.

Vor allem als Signal an den Westen gerichtet, feiern Putin und Xi dennoch ihre Einigung. Sie preisen die chinesisch-russische Freundschaft, die beiden Seiten zufolge noch nie so eng war wie derzeit. Das mag sogar stimmen. Nur gehört dazu auch nicht viel.

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war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.

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