Koalition einigt sich über Mindestlohn: Ausnahmen im Akkord

SPD und CDU/CSU klopfen das umkämpfte Gesetz zum Mindestlohn fest. Von der Regelung soll es in mehreren Branchen eine große Zahl von Abweichungen geben.

Der Mindestlohn kommt jetzt vielleicht wirklich bald. Bild: dpa

BERLIN rtr | Eine Spitzenrunde der Koalition aus Union und SPD hat den Weg für die Verabschiedung des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro in der kommenden Woche geebnet. Bei einem Treffen der Fraktionsvorsitzenden mit SPD-Chef Sigmar Gabriel und Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) wurden am Freitag Erleichterungen für die Zeitungsbranche, für Saisonarbeit und für die Beschäftigung von Praktikanten vereinbart, wie Reuters aus Kreisen der Koalition erfuhr.

Geplant sei nun, dass Zeitungsverlage ihren Zustellern bis Ende 2016 weniger als den Mindestlohn zahlen dürften. Der bisher geplante Rabatt bei den Sozialabgaben für Zeitungszusteller sei nach dem scharfen Protest des Wirtschaftsflügels der Union gekippt worden.

Mit diesen Vereinbarungen sei der Weg frei für den Mindestlohn, hieß es an mehreren Stellen in der Koalition. Dies sei die klare Ansage der Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder (CDU) und Thomas Oppermann (SPD). Das Gesetzespaket soll am kommenden Donnerstag vom Bundestag verabschiedet werden. Der Mindestlohn soll ab 2015 gelten.

Konkret vereinbart wurde den Angaben zufolge eine Lockerung der Beschäftigungsmöglichkeiten für Praktikanten. Freiwillige Praktika während Ausbildung und Studium dürfen nun drei Monate statt wie bisher geplant sechs Wochen dauern, ohne dass der Mindestlohn anfällt.

Länger kurzfristig

Mit Blick auf Erntehelfer sei geplant, die gesetzliche Regelung für sozialabgabenfreie kurzfristige Beschäftigungen zu ändern. Sie würden auf 70 statt 50 Arbeitstage ausgeweitet. Dies sei von der Landwirtschaft als wichtiges Entgegenkommen gewertet worden. Bei Saisonarbeitern dürften Arbeitgeber zudem Kosten für Kost und Logis vom Mindestlohn abziehen.

Eine Einigung gab es demzufolge auch bei der Haftung von Generalunternehmern dafür, dass ihre Auftragnehmer ihren Beschäftigten den Mindestlohn zahlen. Hier setzte sich Arbeitsministerin Nahles durch, indem im Mindestlohngesetz auf die Regelungen im Arbeitnehmer-Entsendegesetz verwiesen werde. Das Kanzleramt hatte eine abgeschwächte Version bevorzugt.

Der Zeitungsbranche soll die Umsetzung des Mindestlohns dadurch erleichtert werden, dass sie 8,50 Euro erst ab Januar 2017 an ihre etwa 160.000 Zusteller zahlen muss. 2015 dürften sie den Mindestlohn um 25 und 2016 um 15 Prozent unterschreiten, hieß es aus der Koalition. Ursprünglich sollten die Verlage für fünf Jahre geringere Sozialabgaben für Minijobber entrichten. In der Unions-Fraktion war aber protestiert worden, der Mindestlohn würde dadurch aus der Sozialversicherung subventioniert. Für die Zeitungsbranche wäre die Reduzierung der Sozialabgaben um rund 18 Prozentpunkte für fünf Jahre allerdings lukrativer gewesen.

Zu den Details der Vereinbarungen wollten sich Vertreter der Koalition nicht namentlich äußern. Die Arbeitsmarktexperten Karl Schiewerling (CDU), Stephan Stracke (CSU) und Katja Mast (SPD) erklärten lediglich: „In zuletzt offenen Fragen konnte eine grundsätzliche Einigung erzielt werden.“ Die Details würden nun vom Arbeitsministerium ausgearbeitet.

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