Freispruch für HSH Nordbank-Vorstände: Sinnlos, aber nicht strafbar

Das Hamburger Landgericht findet zwar, die Ex-Vorstände der HSH Nordbank hätten ihre Pflicht verletzt. Vom Vorwurf der Untreue spricht es sie jedoch frei.

Frei und unschuldig: die frühere Führungsriege der HSH Nordbank bei der Urteilsverkündung am Mittwoch Bild: dpa

HAMBURG taz | Das Hanseatische Oberlandesgericht hat den ehemaligen Vorstand der HSH Nordbank von den Vorwürfen der Untreue und Bilanzfälschung freigesprochen – um ihm anschließend eine Stunde lang die Leviten zu lesen. Zwar könne von den Managern um die ehemaligen Chefs Hans Berger und Dirk Jens Nonnenmacher nicht von „Bankstern“ gesprochen werden, denn sie hätten sich nicht bereichern wollen. Die sechs Angeklagten hätten jedoch ein riskantes und sinnloses Milliardengeschäft durchgewunken, ohne sich richtig damit zu beschäftigen. Damit hätten sie pflichtwidrig, aber nicht strafbar gehandelt.

Die HSH Nordbank gehört großteils Hamburg und Schleswig-Holstein. In der Finanzmarktkrise wurde sie mit milliardenschweren Geldspritzen der Länder gerettet. Beim Vorwurf der Untreue geht es um ein Geschäft vom Dezember 2007, als die Finanzkrise zu schwelen begann. Um ihre Eigenkapitalquote zu verbessern, schloss die Nordbank mit der französischen Bank BNP Parisbas ein Kreislaufgeschäft namens „Omega 55“ ab.

Die Franzosen versicherten ein Bündel von Darlehen der Nordbank gegen einen Ausfall. Zugleich schloss die Nordbank ein Gegengeschäft ab, aus dem sich die BNP schadlos halten konnte, sobald Kredite ausfallen würden. Das Geschäft sei sinnlos gewesen, sagte der Richter Marc Tully. „Den Kosten stand keinerlei Nutzen gegenüber.“

Dass es trotzdem dazu gekommen sei, liege am pflichtwidrigen Verhalten des Vorstands. Alle sechs Vorstände hätten die Vorlage abgezeichnet – aber ohne das Vier-Augen-Prinzip zu beachten. Sie hätten sich allein auf die Auskunft der Marktabteilung verlassen, die das Geschäft abschließen wollte. Auch gehe aus den Dokumenten deutlich hervor, dass das Risiko rückübertragen werden sollte. „Wer behauptet, das sei nicht so, kann die Vorlage nicht gelesen haben“, sagte Tully.

Diese Pflichtverletzungen seien jedoch nicht gewichtig genug, um eine strafrechtliche Verurteilung zu rechtfertigen, wie sie die Staatsanwaltschaft gefordert hatte. Das Strafrecht sei dazu da, ein „ethisches Minimum zu bewahren“, sagte Tully.

Den Vorwurf der Bilanzfälschung ließ das Gericht fallen, weil es Zweifel am Vorsatz der beiden Vorstände Joachim Friedrich und Dirk Jens Nonnenmacher hegte. Außerdem sei die Differenz zwischen einem ausgewiesenen Gewinn von 81 Millionen Euro und dem tatsächlichen Verlust von 31 Millionen angesichts der Bankbilanz von untergeordneter Bedeutung.

Die Staatsanwaltschaft hat eine Woche Zeit, beim Bundesgerichtshof Revision zu beantragen. Die Nordbank behält sich vor, nach einem endgültigen Urteil, Schadenersatz zu beanspruchen. „Das Urteil hat die zivilrechtliche Position der HSH gestärkt“, sagte deren Prozessbeobachter Klaus Landry. Omega 55 ist 2010 mit einem Verlust von 158 Millionen Euro verkauft worden. Den Angeklagten rechnete das Gericht aber nur einen Schaden von 30 Millionen Euro zu.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.