IS-Terror im Irak: Streit um Aufnahme von Flüchtlingen

In Sachen humanitärer Hilfeleistung im Irak sind sich Regierung und Opposition einig. Diese sei möglichst schnell zu leisten. Bei der Asylvergabe sieht das anders aus.

Jesidische Flüchtlinge in einem Camp in Bajed Kadal. Bild: reuters

BERLIN dpa | Über die Dringlichkeit humanitärer Hilfe für die im Irak von der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) verfolgten Minderheiten sind sich Regierung und Opposition in Berlin einig. Gestritten wird hingegen darüber, ob Jesiden, Christen und andere Verfolgte als Flüchtlinge in Deutschland aufgenommen werden sollten.

Es gehe jetzt nicht darum, „Flüchtlinge aus dem Irak nach Deutschland zu holen, sondern dafür zu sorgen, dass sie im Land bleiben können“, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) der Bild am Sonntag. „Dafür müssen wir den Irak von diesen Barbaren befreien.“

Auf „wirksame und schnelle“ Hilfe für die rund eine Million Flüchtlinge im Nordirak drang Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) bei einem Besuch in der nordirakischen Stadt Erbil. Die Christen, mit denen er gesprochen habe, sähen nach ihrer Flucht vor dem IS oft keine Perspektive. „Sie haben alles verloren. Sehr viele meinen, sie hätten keine Chance auf Rückkehr in ihre Heimat.“ Jesiden hätten ihm sogar gesagt, fast alle Angehörigen ihrer Minderheit wollten das Land verlassen und setzten stark auf deutsche Hilfe.

„Wir müssen darüber nachdenken, mehr Menschen aufzunehmen, aber natürlich löst das nicht das Grundproblem“, erklärte der Unionsfraktionschef. Die Hilfe müsse sich zunächst darauf konzentrieren, das Überleben im Winter zu sichern. „Hier sollte sich auch Deutschland in den kommenden Monaten verstärkt engagieren.“ Auf mittlere Sicht müsse versucht werden, „den Flüchtlingen in Kurdistan zu helfen, eine neue Grundlage für ihr Leben zu finden“.

Dagegen forderte Grünen-Parteichefin Simone Peter die Bundesregierung auf, zusammen mit den anderen EU-Ländern zügig ein Aufnahmeprogramm für Flüchtlinge zu beschließen. „Was im Nordirak passiert, ist eine menschliche Tragödie“, erklärte sie. „Die Bundesregierung darf bei der Aufnahme von Flüchtlingen deshalb nicht so lange zaudern wie in Syrien.“ Auch zu Zeiten der Jugoslawienkriege sei es möglich gewesen, kurzfristig Zehntausende notleidende Menschen aufzunehmen.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte in der Bild am Sonntag, Europa müsse „im Rahmen eines Sofortprogramms mindestens 500.000 Flüchtlinge aufnehmen“ und seine Hilfen vor Ort aufstocken.

Nach einer repräsentativen Emnid-Umfrage für die Bild am Sonntag befürworten 51 Prozent der Bundesbürger, dass Deutschland mehr Menschen aus dem Irak und dem benachbarten Bürgerkriegsland Syrien aufnimmt. 43 Prozent sind dagegen.

Auch Politiker der großen Koalition dringen darauf, ein Kontingent für Irak-Flüchtlinge einzurichten. Der Innenausschussvorsitzende Wolfgang Bosbach (CDU) sagte der Zeitung: „Angesichts der humanitären Katastrophe muss der Bund mit den Ländern rasch prüfen, ob wir verstärkt Flüchtlinge aus dem Nordirak aufnehmen können.“

SPD-Vize Ralf Stegner sagte dem Tagesspiegel: „Waffen: Ja, Flüchtlinge: Nein. Das darf nicht die richtige Maxime deutscher Außenpolitik sein.“ Für ihn stehe außer Frage, dass Deutschland eine „vorbildliche humanitäre Hilfe“ leisten müsse. Vor Ort, im Irak, geschehe das bereits. Aber: „In Deutschland können wir mehr tun.“

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