Cem Özdemirs Hanfpflanze: Staatsanwaltschaft ist ganz gechillt

Nach dem Hanfpflanzen-Video von Grünen-Chef Özdemir sind alle ganz entspannt. Die Staatsanwaltschaft glaubt nicht, dass er eine Plantage betreibt.

Verräterische Solarzellen: Özdemir mit Hanfpflanze, vermutlich auf seinem Balkon. Screenshot: Die Grünen/Youtube

BERLIN taz | Der Grünen-Chef und mutmaßliche Drogenproduzent Cem Özdemir kann vorerst aufatmen: In der Hanfpflanzen-Affäre hat es die Staatsanwaltschaft Berlin offenbar nicht eilig, den Politiker auf die Anklagebank zu bringen. „Das ist für uns nicht der Kriminalfall des Jahres“, sagte ein Sprecher der Behörde am Freitag der taz.

Der Grund: Man gehe nicht davon aus, dass Özdemir in seiner Wohnung eine Großplantage betreibe. Zuvor war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft einen Anfangsverdacht wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz prüft. Als nächsten Schritt könnte sie beim Bundestagspräsidenten beantragen, Özdemirs Abgeordentenimmunität aufzuheben.

In der vergangenen Woche hatte der Politiker im Rahmen der Ice-Bucket-Challenge ein Youtube-Video online gestellt. Im Gegensatz zu anderen Prominenten begoss er darin nicht nur seinen Kopf mit kaltem Wasser, sondern auch eine neben ihm stehende Hanfpflanze. „Ein sanftes, politisches Statement. Legalize it!“, bekannte Özdemir am Donnerstag.

Die Aktion rief verschiedenste Reaktionen hervor: „Willkommen im Klub, Cem, das ist grün pur“, sagte Fraktionskollege Hans-Christian Ströbele der Berliner Morgenpost. Stephan Mayer, Abgeordneter der Biertrinkerpartei CSU, nannte das Video in der Passauer Neuen Presse dagegen „töricht und einfältig“. Er begrüße es, wenn ein Ermittlungsverfahren gegen den Inhaber der Hanfpflanze eingeleitet werde.

Belastendes Material beseitigt?

Bevor sie formell gegen Özdemir ermittelt, prüft die Staatsanwaltschaft nun aber, ob der Politiker in dem Video auf seinem eigenen Balkon steht und die Pflanze somit tatsächlich ihm gehören könnte. Routinearbeit: Schon der Vergleich der Videobilder mit Satellitenaufnahmen liefert deutliche Hinweise. Die Solarzellen im Hintergrund, der kleine Kamin, das Balkongeländer – sie alle sind auf Google Maps unter Özdemirs Kreuzberger Adresse zu erkennen. Außerdem zu erahnen: Mindestens zwei weitere Pflanzen. Dabei könnte es sich allerdings auch um Geranien handeln.

Sollten die Ermittler tatsächlich ein Verfahren einleiten, muss sich Özdemir trotzdem noch keine Sorgen machen. Entscheidend sei, ob die Pflanze THC enthalte, sagte Ulli H. Boldt, Anwalt für Drogenrecht. Welche Hanfsorte auf dem Video zu sehen sei, könnten die Beamten aber kaum mehr feststellen. „Wenn Özdemir nicht komplett bescheuert ist, steht das Beweismittel längst nicht mehr da“, sagte Boldt.

Auf einem anderen Blättchen stehen die politischen Folgen für Özdemir und seine Partei. Die Aktion erinnert an die des FDP-Abgeordneten Martin Lindner aus dem Jahr 2012: In der Late-Night-Show „Stuckrad-Barre“ zog Lindner damals vor laufenden Kameras an einem Joint. Rechtliche Folgen hatte die Sendung für den FDP-Politiker nicht. Dafür flog seine Partei ein Jahr später aus dem Bundestag. Lindner selbst wurde kurz darauf als Chef des Berliner Landesverbands gestürzt.

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