Berliner Pfarrer über Flüchtlinge: „Die haben mich beeindruckt“

Die Dachbesetzung auf einem Hostel in der Berliner Gürtelstraße ist beendet. Der Pfarrer Peter Storck hat den Flüchtlingen eine Unterkunft zur Verfügung gestellt.

Am Sonntagabend kam auch er herunter: Flüchtling auf dem Hosteldach in der Gürtelstraße. Bild: dpa

taz: Herr Storck, die protestierenden Flüchtlinge aus der Gürtelstraße werden nun vorübergehend in Ihrer Gemeinde unterkommen. Wie kam es zu dieser Vereinbarung?

Peter Storck: Unsere Gemeinde engagiert sich schon seit Monaten aktiv in der Flüchtlingsfrage. In der Gürtelstraße war ich als Gemeindepfarrer von Anfang an häufig vor Ort. Die Polizei hat mich allerdings erst aufs Dach gelassen, als ich eine Unterbringung anbieten konnte. Viermal war ich dann oben und habe mit den Flüchtlingen gesprochen.

Wie haben die auf Ihr Angebot reagiert?

Zuerst gab es großes Misstrauen, und auch als das abgebaut war, blieben die Flüchtlinge zunächst ablehnend. Das ist auch verständlich, schließlich können auch wir ihnen keine längerfristige Perspektive bieten. Auch die Kirche ist bezüglich einer humanitären Lösung bislang auf taube Ohren bei der Politik gestoßen. Ich habe auch gar nicht erst versucht, da irgendetwas zu versprechen, denn die Flüchtlinge haben mir gezeigt, wie sehr sie bereits von nicht gehaltenen Versprechen enttäuscht wurden.

Die Heilig-Kreuz-Gemeinde, in der Sie tätig sind, ist bekannt dafür, Flüchtlingen Kirchenasyl zu geben. Welche Resonanz hat das in Ihrer Gemeinde?

Eine sehr positive. Ich bin beeindruckt vom Engagement, das es in meiner Gemeinde, aber auch vielen anderen Gemeinden zu dieser Thematik gibt. Viele haben den Eindruck, dass ein politischer Machtkampf im Senat und anderswo auf Kosten der Schwächsten ausgetragen wird und dass man diese Menschen irgendwie unterstützen muss.

Wie haben Sie die Tage an der Gürtelstraße erlebt?

Ich war sehr beeindruckt von den Männern auf dem Dach. Man merkt, dass die einen weiten Weg gegangen sind und jetzt in einer großen Klarheit das fordern, was doch eigentlich jeder möchte, der neu in diese Stadt kommt: die Chance, hier ein neues Leben zu beginnen. Das wird ihnen verwehrt, und dagegen protestieren sie mit großer Entschlossenheit. Mich hat erschüttert, dass die Politiker in all den Tagen ihrer Verantwortung nicht nachgekommen sind und sich an der Gürtelstraße nicht haben blicken lassen. Damit hat sie die Flüchtlinge, aber auch die Polizei alleingelassen.

Wie geht es nun weiter?

Durch die Zusammenarbeit verschiedener Gemeinden konnten wir für fünf bis sechs Wochen eine kirchliche Unterbringung für die Menschen organisieren. Wie es danach weitergehen soll, kann auch ich nicht sagen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.