Ralf Stegner über Parteilinke in der SPD: „Wir schließen niemanden aus“

Ralf Stegner will mehr Kompromisse. Der SPD-Vize hat die Parteilinke dazu aufgerufen, sich neu zu organisieren. Das gefällt nicht allen Sozialdemokraten.

Ralf Stegner (r.) hält Sigmar Gabriel (r.) für einen Vulkanier. Bild: dpa

taz: Herr Stegner, vor Kurzem haben Sie Ihrem Parteichef in der Debatte um TTIP öffentlich widersprochen. Sigmar Gabriel hat Sie daraufhin gebeten, einfach mal die Klappe zu halten. Mit der neuen Parteilinken wollen Sie sich aber eher Gehör verschaffen?

Ralf Stegner: Der Parteivorsitzende gehört zum Stamm der Vulkanier, und seine temperamentvollen Meinungsbekundungen kann ich gut ab. Wir sind oft einer Meinung, müssen es aber nicht immer sein. Was den linken Parteiflügel angeht: Wir sind deutlich erfolgreicher als oft behauptet wird. Im Wahlprogramm und in der Koalition haben wir viel durchgesetzt, arbeiten müssen wir aber am Erscheinungsbild und der Geschlossenheit der Parteilinken.

Die Parteilinken zu bündeln, das haben schon andere versucht, etwa das Forum Demokratische Linke 21 (DL 21). Warum hat es dort nicht geklappt?

Als linker Flügel sollten wir kompromissfähig sein und uns nicht damit zufrieden geben, eigene Grundsätze hochzuhalten, aber dafür auf dem Parteitag niedergestimmt zu werden. Viele Mitglieder haben die DL 21 verlassen, weil sie sagen: Deren Kurs ist uns zu fundamentalistisch, und wir vermissen die Bereitschaft, eigene Erfolge anzuerkennen. Der Mindestlohn ist unser Verdienst – da kann man Andrea Nahles nicht in der Form attackieren, wie es die DL-21-Vorsitzende getan hat.

Hilde Mattheis hatte den Mindestlohn als „faulen Apfel“ bezeichnet und damit viele Parteilinke vergrätzt. Wollen Sie die DL 21 jetzt ersetzen?

Wir gründen keinen neuen Verein, sondern schaffen eine Plattform. Parteilinke mit Ämtern und Mandaten sollen sich dort koordinieren, aber auch mit der Basis über die Zukunft unseres Programms diskutieren. Dazu sind die DL-21-Mitglieder ausdrücklich eingeladen, wir schließen niemanden aus.

Mattheis beschwert sich bitterlich, da keiner sie über die neue Plattform informiert habe.

Ich bin nicht die Beschwerdestelle der Partei, und der Aufruf war keine One-Man-Show. Dazu gehörten neben vielen anderen auch Johanna Uekermann von den Jusos und Carsten Sieling, Chef der Parlamentarischen Linken, deren Mitglied Hilde Mattheis ist. Mir ist wichtig, dass der linke Flügel gemeinsam agiert, damit die Partei nicht noch mal auf Abwege wie nach der Agenda 2010 gerät.

ist seit Jahresbeginn stellvertretender SPD-Vorsitzender. Schon seit 2007 ist der 54-Jährige Landesvorsitzender seiner Partei in Schleswig-Holstein, seit 2008 Fraktionschef.

Ein Bollwerk gegen Sigmar Gabriel also? Der Parteichef hat angekündigt, stärker auf die Mitte und auf die Wirtschaft zuzugehen.

Wo wir regieren, ist es richtig, unsere Wirtschaftskompetenz zu zeigen. Aber die Kernkompetenz der SPD ist und bleibt die Gerechtigkeit, und wer versucht, die Priorität zu verschieben, würde scheitern. Den Versuch kann ich bei Sigmar Gabriel jedoch nicht erkennen.

Was fordert die neue Parteilinke dann überhaupt vom Parteichef?

Die SPD sollte ihre Versprechen in der Regierung einhalten. Bei Rentenniveau, Leiharbeit und Gleichstellung haben wir noch eine Menge zu tun. Außerdem müssen wir unser Profil schärfen, uns von der Union absetzen und mit den Partnern in Kontakt bleiben, die wir brauchen, um 2017 eine progressive Mehrheit hinzubekommen – das sind in erster Linie die Grünen.

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