Bischofssynode im Vatikan: Aufs wirkliche Leben schauen

Die Bischofssynode zur Familienpolitik schlägt neue Töne an. Gnade für Lesben und Schwule soll walten. Manche sehen ein „pastorales Erdbeben“.

Ein „pastorales Erdbeben“? An ihren doktrinären Positionen wollen die Bischöfe offenkundig trotzdem nicht rütteln. Bild: ap

ROM taz | Eine entspanntere Haltung gegenüber wiederverheirateten Geschiedenen, ein neuer Umgang gar mit Homosexuellen? Die gegenwärtig in Rom tagende Bischofssynode zur Familienpolitik der katholischen Kirche ist durch neue Töne gekennzeichnet und weckt deshalb die Hoffnung auf Kurskorrekturen, wie sie jahrzehntelang nicht denkbar waren.

Zur Halbzeit der Synode am Wochenende wurde nun ein erster Zwischenbericht vorgelegt, verfasst von Kardinal Peter Erdö; über diesen Bericht soll nun eine weitere Woche debattiert werden. Ein „pastorales Erdbeben“ sieht die Katholische Nachrichtenagentur KNA auf die Kirche zukommen, und in der Tat schlägt der Bericht völlig neue Töne an.

Da ist nicht bloß die Rede von der „positiven Realität von Zivilehen“, da zieht generell unter Papst Franziskus ein bei der katholischen Kirche bisher nicht gekannter Realismus ein. So heißt es, es sei „nicht klug, nur an jeweils eine Lösungen zu denken oder sich von einer Logik des Alles oder Nichts inspirieren zu lassen“.

Ebenjene Logik hatte unter Bergoglios Vorgängern Woytila und Ratzinger geherrscht; nun aber ist vieles verhandelbar. Die 190 Bischöfe, entsandt von Ortskirchen der fünf Kontinente, führen auf der Synode einen seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil vor nunmehr 50 Jahren nicht mehr gesehenen offenen Meinungsstreit über die richtige Linie. So vermerkt Erdös Zwischenbericht, in der Frage, ob Wiederverheiratete zur Kommunion zugelassen werden sollten, stünden sich zwei Positionen gegenüber: Die einen wollen alles lassen, wie es ist: Die sich am Sakrament der Ehe versündigt haben, müssen leider draußen bleiben. Die zweite Fraktion dagegen hält eine Kurskorrektur für möglich.

Neue Flexibilität mit den Sündern

Auch Schwule und Lesben – bisher fanden sie nur Gnade, wenn sie ihre sexuelle Orientierung nicht auslebten – werden mit neuen Tönen bedacht. So hält der Bericht fest, was andere schon lange vorher wussten, in der katholischen Kirche allerdings nicht galt: Bei homosexuellen Gemeinschaften gebe es „Fälle, in denen die gegenseitige Hilfe bis hin zum Opfer einen wertvollen Beitrag für das Leben der Partner darstellt“.

Der Homo-Ehe mit katholischem Segen ist damit noch lange nicht das Tor geöffnet: An ihren doktrinären Positionen wollen die Bischöfe offenkundig nicht rütteln. Doch zieht eine neue Flexibilität im Umgang mit den pastoral zu betreuenden Sündern ein; so hörte man in Rom auf der Synode auch Prälaten darüber reden, dass einige ihrer Schäfchen schlicht deshalb unverheiratet zusammenlebten, weil sie sich eine Hochzeit nicht leisten können.

Aufs wirkliche Leben schauen, das war schon im Ausgangspunkt die Maxime gewesen, die Franziskus an seine Bischöfe ausgegeben hatte; im Vorfeld der Synode hatte eine weltweite Fragebogenaktion stattgefunden, gedacht als Bestandsaufnahme über das wirkliche Familien- und Sexleben der Katholiken.

Zugleich heißt es aber aus der Kurie, auf der Synode habe sich auch heftiger Widerstand gegen eine mögliche Umorientierung formiert; so hätten sich vorneweg afrikanische Bischöfe gegen eine Öffnung hin zu Schwulen und Lesben verwahrt.

Wohin die Reise geht, wird sich am Samstag im Abschlussdokument der Synode zeigen. Bindende Entscheidungen werden erst im Oktober 2015 nach der zweiten Synode erwartet.

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