Eurorettung durch die EZB: Legal oder illegal?

Hat die EZB ihre Kompetenzen überschritten, als sie ankündigte, Staatsanleihen zu kaufen? Das wird vor dem Europäischen Gerichtshof diskutiert.

Keine Zeit für juristische Kleinkriege: 2013 rettete Mario Draghi den Euro in höchster Not. Nun geht es darum, ob er dazu befugt war. Bild: reuters

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat vor zwei Jahren das Auseinanderbrechen des Euro verhindert. Aber hat sie dabei rechtswidrige Mittel genutzt? Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar befunden: im Prinzip ja – das Verfahren dann aber an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) weitergereicht.

Dieser verhandelte am Dienstag darüber, ob die EZB die Grenzen ihrer Befugnisse überschritten hat, als sie ankündigte, Staatsanleihen von Krisenländern aufzukaufen.

Stark verschuldete Staaten wie Irland und Griechenland mussten im Sommer 2012 deutlich höhere Zinsen zahlen, wenn sie neue Schulden aufnehmen wollten, als etwa Deutschland. Auf den Finanzmärkten wurde deshalb auf ein Ausscheiden dieser Länder aus der Euro-Zone und damit auf ein Scheitern der Währungsunion spekuliert.

In dieser Situation erklärte die EZB, sie werde in unbegrenzter Höhe Staatsanleihen von gefährdeten Staaten aufkaufen, wenn diese sich zugleich zum Sparen verpflichten. Schon die Ankündigung führte dazu, dass die Zinszuschläge zurückgingen.

In Deutschland klagten Euro-Skeptiker, von Peter Gauweiler (CSU) bis zur Linksfraktion, gegen das EZB-Programm. Das Bundesverfassungsgericht erklärte, das Ankaufprogramm sei wohl eine „offensichtliche Kompetenzüberschreitung“ der Bank, weil die EZB nicht für Wirtschaftspolitik zuständig sei, sondern nur die Geldwertstabilität wahren müsse. Da für die Auslegung des EU-Rechts aber der EuGH zuständig ist, legte Karlsruhe diesem die Rechtsfrage vor – ein Novum in der Geschichte des Verfassungsgerichts.

Die EU stützt die EZB

Am Dienstag griff Dietrich Murswiek, der Rechtsvertreter von Gauweiler, die EZB frontal an. Der Ankauf von Staatsanleihen sei eine „monströse Kompetenzanmaßung“. Eine derartige Umverteilung von Risiken sei zumindest sinngemäß in den EU-Verträgen eindeutig verboten. „Die EZB macht aus der Währungsunion eine Schuldenunion, ohne die Parlamente der Mitgliedstaaten zu fragen“, betonte Murswiek. Linken-Fraktionsvorsitzender Gregor Gysi ging auf den Kompetenzstreit gar nicht ein, sondern kritisierte die Sparpolitik, die Ländern wie Griechenland aufgezwungen werde.

EZB-Vertreter Hans-Georg Kamann verteidigte dagegen das Ankaufprogramm. Es sei allein geldpolitisch motiviert gewesen. Weil die Märkte von manchen Staaten irrationale Zinszuschläge forderten, seien die Zinssenkungen der EZB verpufft. Die Preisstabilität sei damals akut gefährdet gewesen.

Die EU-Kommission und das Europäische Parlament unterstützen die EZB, ebenso alle neun Staaten, die sich in Luxemburg zu Wort meldeten. Die Bundesregierung äußerte sich eher diplomatisch, der EuGH solle der EZB Spielraum lassen, aber zugleich ihre Kompetenzen eng auslegen.

Der EuGH muss nun entscheiden, was der eigentliche Zweck des EZB-Programms war: Euro-Rettung und Staatsfinanzierung, also unerlaubte Wirtschaftspolitik? Oder die Sicherung stabiler Preise, also Geldpolitik? Das Urteil soll im Frühjahr nächsten Jahres fallen.

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