Überwachung in den USA: Unter den Augen von Mobilfunkzellen

Das US-Justizministerium erfasst die Daten zehntausender Handy-Nutzer mit manipulierten Zellen auf Flugzeugen. Es trifft Verdächtige und Unbeteiligte.

Nicht nur Kameras, auch Flugzeuge könnten der Privatsphäre gefährlich werden Bild: ap

NEW YORK dpa | Das US-Justizministerium erfasst laut einem Zeitungsbericht mit Hilfe fingierter Mobilfunkzellen in Spezialflugzeugen die Aufenthaltsorte zehntausender Handy-Nutzer. Ziel sei, Verdächtige ausfindig zu machen, aber zunächst würden auch Daten vieler Unbeteiligter in das System hineingesogen, berichtete das Wall Street Journal am Freitag.

Die in der Szene „Dirtbox“ genannten manipulierten Funkzellen werden in Kleinflugzeugen wie einer Cessna installiert, mit denen man auch über größere Menschenansammlungen fliegen kann. Die Handys der Anwender am Boden verbinden sich demnach mit den Zellen, weil sie grundsätzlich darauf getrimmt sind, den Mobilfunkmast mit dem stärksten Signal anzusteuern. Beim Kontakt werden Daten übermittelt, mit denen sich ein Mobiltelefon eindeutig identifizieren lässt, etwa zu Abrechnungszwecken.

Dem Bericht zufolge pickt das System die Handys Verdächtiger aus dem Datenstrom heraus und verwirft die restlichen Informationen. Es bleibe allerdings unklar, wie genau dafür gesorgt werde, dass sie tatsächlich gelöscht und nicht noch eventuell für eine spätere Nutzung aufgehoben werden.

Bei Personen, für die sich die Behörden interessieren, lasse sich der Aufenthaltsort bis auf etwa drei Meter genau feststellen, hieß es unter Berufung auf Insider. So könne man zum Beispiel erkennen, in welchem Raum eines Gebäudes sich ein Handy befindet. Laufende Telefongespräche könnten mit der Verbindung zur fingierten Mobilfunk-Antenne der Behörden abbrechen. Allerdings sollen Telefonate mit Notrufdiensten davon nicht betroffen sein.

Das Programm läuft seit 2007

Neuere Versionen der Technik könnten zum Teil auch Daten von den Geräten abschöpfen, schrieb das Wall Street Journal. Es sei aber unklar, ob diese Anlagen auch in den USA zum Einsatz kämen, oder nur im Ausland. Dort werde mit Hilfe der falschen Mobilfunkzellen zum Beispiel versucht, Terrorverdächtige aufzuspüren. Dass die Amerikaner solche Methoden etwa in Krisengebieten nutzen, wurde bereits im Zuge der NSA-Enthüllungen bekannt. Ein großflächiger Einsatz im eigenen Land wäre allerdings neu.

Die Kleinflugzeuge mit den Funkzellen würden regelmäßig von mindestens fünf Flugplätzen im Umfeld von US-Großstädten eingesetzt, schrieb das Wall Street Journal. Das Programm unter dem Dach des U.S. Marshals Service, das zum Justizministerium gehört, laufe in vollem Umfang seit 2007. Ziel sei, etwa nach mutmaßlichen Drogendealern oder Mordverdächtigen zu suchen. Offiziell wolle das Justizministerium die Existenz des Systems weder bestätigen noch dementieren.

Inwieweit die Aktionen von Gerichten genehmigt werden, sei unklar. Sie sanktionierten zwar die Suche nach Verdächtigen, dabei bleibe aber möglicherweise im Dunkeln, welche Methoden genau dafür eingesetzt würden, hieß es unter Berufung auf informierte Personen. Die Behörden könnten die Ortungsinformationen zwar auch von den Mobilfunk-Betreibern anfordern, aber sie fänden das Verfahren zu langsam und die Daten zu ungenau, schrieb das Blatt.

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