Abschaltung von Kraftwerken: Weniger Kohle, mehr Geld

Ein Institut verspricht eine „doppelte Dividende“ bei der Stilllegung von Kraftwerken. Auch die EEG-Umlage zur Förderung der Erneuerbaren sinke.

Deutschland hat in diesem Jahr einen Stromexportüberschuss erzielt. Ein Braunkohlekraftwerk in Neurath, NRW. Bild: dpa

FREIBURG taz | Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) empfiehlt, einige Kohlekraftwerke in Deutschland abzuschalten. Dies käme erstens dem Klimaschutz zugute und stabilisiere zweitens den Strommarkt – es winke somit „eine doppelte Dividende“.

Der jährliche Ausstoß von Kohlendioxid ließe sich um 23 Millionen Tonnen senken, wenn Steinkohlekraftwerke mit einer Kapazität von 3 Gigawatt und Braunkohlekraftwerke mit zusammen 6 Gigawatt stillgelegt würden. Das schreiben die DIW-Forscher in einer Studie für die Heinrich-Böll-Stiftung und die European Climate Foundation. Derzeit sind in Deutschland Kohlekraftwerke mit einer Gesamtleistung von gut 47 Gigawatt in Betrieb.

„Der Stromsektor sollte einen stärkeren Beitrag zum Erreichen der kurz- und mittelfristigen Klimaziele leisten“, sagt Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt des DIW Berlin. Deshalb sollten „CO2-intensive, ineffiziente Kohlekraftwerke durch effizientere Gaskraftwerke ersetzt werden“. Derzeit rentiert sich der Betrieb von Gaskraftwerken zu den meisten Zeiten nicht, weil es ein enormes Überangebot an billigerem Kohlestrom gibt. Die Gaskraftwerke werden daher in Deutschland 2014 wohl so wenig Strom erzeugen wie seit mehr als zehn Jahren nicht.

Ein Rückgang der Kohleverstromung würde auch die EEG-Umlage zur Förderung der erneuerbaren Energien senken. Sie bemisst sich an der Differenz zwischen Einspeisevergütungen und Börsenstrompreis. Und der Börsenpreis würde durch weniger Kohlekraft „moderat“ steigen, wie das DIW erklärt. Gleichwohl seien „Preissteigerungen für private Stromkunden kaum zu erwarten“, sagt Kemfert.

Wie sehr Deutschland über seinen Eigenbedarf hinaus Strom erzeugt, zeigt die jüngste Exportstatistik: Im Oktober wurde mit gut 5 Milliarden Kilowattstunden der höchste Stromexportüberschuss der Geschichte erzielt. Hauptexportland sind nach wie vor die Niederlande. Denn auch dort haben deutsche Kohlekraftwerke in den letzten Jahren Gaskraftwerke aus dem Markt gedrängt.

Hintergrund sind zum einen die Brennstoffpreise: Die Preisdifferenz zwischen Erdgas und Kohle ist seit der Jahrtausendwende fast stetig gewachsen. Zudem tendiert der Einfluss des Emissionshandels durch den Preisverfall der CO2-Zertifikate gegen null: Bei Preisen um nur noch 6 Euro je Tonne Kohlendioxid fehlt jeder Anreiz, Kohle durch das klimafreundlichere Erdgas zu ersetzen.

Die wohl spannendste Frage bleibt aber auch in der DIW-Studie außen vor: Wie wäre ein Abschalten von Kohlekraftwerken zugunsten der Gaskraftwerke politisch erreichbar? Ansätze von Umweltverbänden gibt es viele. Sie reichen von einer CO2-Steuer über Emissionsgrenzwerte, mit denen man in den achtziger Jahren schon die Schwefelemissionen in den Griff bekommen hat, und gehen bis zu einem Ausstiegsgesetz ähnlich dem Atomausstieg.

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