Finanzhilfen für Griechenland: Bundestag überstimmt die „Bild“

Im Parlament votierten fast alle Abgeordneten für das Kreditprogramm. Einige stimmen sich sogar schon auf die nächste Verlängerung ein.

Flugblätter im Parlament: Dort wurde über die Unterstützung Griechenlands abgestimmt Bild: reuters

BERLIN taz | Unterschiedliche Argumente, Einschätzungen und Vorwürfe äußerten die Redner im Bundestag am Freitag, nahezu einheitlich aber war ihr Votum. Mit 541 von 586 abgegebenen Stimmen unterstützten Union, SPD, Linke und Grüne die Verlängerung des Reform- und Kreditprogramms für Griechenland. Selbst für die Linke, die die Sparpolitik früher immer ablehnte, erklärte Fraktionschef Gregor Gysi die mehrheitliche Zustimmung.

Nachdem auch das estnische Parlament zustimmte, wird das Griechenlandprogramm nun wohl bis Ende Juni verlängert. Die Links-rechts-Regierung in Athen hatte eingewilligt, den Spar- und Sanierungskurs fortzusetzen. Zur Belohnung sollen im Sommer bis zu 7 weitere Milliarden von den anderen Eurostaaten, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds fließen. Dieses Geld braucht Athen unter anderem, um die Zinsen für Hilfskredite aus dem Ausland bezahlen zu können. Fällt die Unterstützung aus, droht Griechenland die Zahlungsunfähigkeit.

Mit 29 Neinstimmen kamen fast alle ablehnenden Voten aus der CDU/CSU. Bei der Linken, die der griechischen Regierungspartei Syriza nahesteht, stimmten 3 Abgeordnete dagegen, 10 enthielten sich. Insgesamt enthielten sich 13 Abgeordnete, 45 nahmen nicht teil. Die Grünen verschickten ein Twitter-Bild, auf dem sie mit „Ja zu Europa“-Plakaten posierten.

Den Ton im Bundestag bestimmte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), als er in der Eröffnungsrede um Zustimmung bat. Schäuble kombinierte die Rechtfertigung des harten Sparkurses in Griechenland mit einem Plädoyer für europäische Solidarität. Er betonte, dass es Länder in Europa gebe, in denen die Sozialleistungen und der Mindestlohn niedriger lägen als in Griechenland. „Solidarität heißt, dass jeder seinen Teil beiträgt“, so Schäuble. Auch die Griechen müssten daher ihre Sparanstrengungen fortsetzen.

Schäuble warnte aber auch: Verweigere der Bundestag seine Zustimmung zur Verlängerung, „würden wir unserer Zukunft großen Schaden zufügen“. Europa müsse zusammenstehen, die Staaten müssten sich aufeinander verlassen können. „Wir sollten alles dafür tun, Europa zusammenzuhalten“, so Schäuble.

Trübe Kampagnen

Diese Sätze waren auch als Antwort auf eine Kampagne der Bild-Zeitung zu verstehen. Das Blatt hatte ganzseitig aufgefordert, mit „Nein“ zu stimmen. Garniert war dieses Votum mit einer Umfrage des Instituts Insa, nach der 59 Prozent der befragten Bundesbürger weitere Griechenlandhilfen ablehnen würden. Insa in Erfurt macht regelmäßig Umfragen für Bild. Chef ist Hermann Binkert, ein ehemaliger enger Mitarbeiter des Ex-CDU-Ministerpräsidenten von Thüringen, Dieter Althaus.

In der Bundestagsdebatte zeichnete sich ab, wie es weitergehen könnte. SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider deutete an, dass man wohl bald über „die nächste Verlängerung“ der Hilfen für Griechenland werde reden müssen. Auch Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte: „In Kürze können wir mit dem dritten Kreditpaket rechnen.“

Diese Einschätzungen teilt der Ökonom Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin: „Das Problem, wie die viel zu hohe Staatsverschuldung nachhaltig gestaltet werden kann, bleibt ungelöst. Griechenland wird ein neues, drittes Hilfsprogramm mit 30 bis 40 Milliarden Euro benötigen. Das wird ultimativ weitere Kreditzahlungen von Europa und Deutschland erfordern.“

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