Aus Müll Geld machen: Der Markt soll es richten

Brüssel will Reycling zu einem lukrativen Geschäft machen. Doch Umweltkommissar Vella weiß selbst noch nicht so recht, wie das gehen soll.

Viele Euro warten in diesem Müllberg darauf, gehoben zu werden. Bild: AP

BRÜSSEL taz | Raus aus der Öko-Ecke, rein ins große Geschäft: Das Recycling von Reststoffen und Müll soll nach dem Willen der EU-Kommission einen riesigen neuen Markt erschließen. Doch wie und wann der neue Vorschlag zur „Kreislaufwirtschaft“ kommt, bleibt im Unklaren. Auch ob es beim Ziel bleibt, 80 Prozent des Verpackungsmülls bis 2030 zu recyclen, ist offen. Auf eine Anfrage der Grünen reagierte Umweltkommissar Karmenu Vella ausweichend.

Es war eine der umstrittensten Entscheidungen der neuen EU-Kommission: Kurz vor Weihnachten kloppte die Behörde einen hoch gelobten Gesetzentwurf zur Kreislaufwirtschaft in die Tonne. Zu teuer, zu bürokratisch, hieß die Begründung. 2015 werde man einen besseren Entwurf mit ehrgeizigen Zielen vorlegen, kündigte Umweltkommissar Vella an.

Doch nun, drei Monate später, wird klar: Die Kommission hat gar keine neuen Ideen. Sie tappe im Dunkeln und spiele auf Zeit, kritisiert der Chef der Europa-Grünen, Reinhard Bütikofer. Im Januar hatte er von Vella wissen wollen, wie die Ziele aussehen und wie sie erreicht werden sollen. Nun kam die Antwort: Sie fällt vage aus.

„Die Kommission will in ihrem neuen Vorschlag über die reine Abfallbewirtschaftung hinausgehen und alle Aspekte der Wertschöpfungskette erfassen“, setzt Vella an. Doch wer konkrete Projekte erwartet hatte, wird enttäuscht. Neue Ziele fehlen in dem Brief ebenso wie ein verbindliches Datum für den versprochenen Vorschlag.

Müllverbrennungslobby findet Gehör

Vella möchte eine öffentliche Anhörung durchführen, bevor er ein neues EU-Gesetz präsentiert. Doch selbst der Start der Konsultation ist noch offen. „Mai bis Juli“, sagte eine Mitarbeiterin von Vella der taz. Wann der neue Vorschlag komme, sei noch offen.

„Das ist nur ein Recycling von Ausreden“, ärgert sich Bütikofer. Es sei zwar nicht überraschend, dass die Kommission keine neuen Ideen habe. Schließlich sei es Vizepräsident Frans Timmermans, der den alten Vorschlag zurückgezogen hatte, um „Liebedienerei für die starke antiökologische Wirtschaftslobby in Brüssel“ gegangen. Der Niederländer habe vor allem auf „die niederländische und die deutsche Müllverbrennungslobby“ gehört.

Das weist die Kommission zwar weit von sich. Doch klar ist, dass es vor allem um die Ökonomie geht – statt um Ökologie. „Wir möchten einen mehr Business-orientierten Vorschlag machen, der neue Geschäftsfelder erschließt“, sagte die Mitarbeiterin des Umweltkommissars. Doch bisher steht Brüssel beim Recycling auf der Bremse. Vielleicht liegt es an internen Rangeleien: Neben Vella und Timmermans sind noch zwei weitere EU-Kommissare für den Vorschlag zuständig. Umweltschutz ist keine Priorität mehr, sondern nur ein Ziel unter anderen.

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