Antisexistische Botarmee auf Twitter: „Neu geboren, voller Liebe“

Für eine Woche erhalten sexistische Twittertrolle automatische Ermahnungen. Die Initiatoren sind zufrieden mit den positiven Reaktionen.

Ein automatisiertes „Fuck you“. Warum nicht? Bild: dpa

BERLIN taz | „Lieber Troll, bitte geh zurück zu Schritt Drei. Es ist schwer, ich weiß, aber Du kannst Deine Wut überwinden. Hier ist das entsprechende Video.“ Was sich anhört wie die bemerkenswert gelassene Reaktion eines Menschen, der auf Internet-Trolle nicht wie von den notorischen Nervern erhofft mit Angst, Ärger, Verstecken reagiert, ist ein Bot, der auf Twitter User zurechtweist, die er als sexistische Trolle ausgemacht hat.

Programmiert wurde der Bot, der selbständig Tweets absendet, von der Künstlergruppe Peng. „Zero Trollerance“ heißt ihr Projekt, zu dem nicht nur Bots gehören, sondern auch die Webseite zerotrollerance.guru, die „Selbsthilfe für Sexisten in sechs einfachen Schritten“ verspricht. „Schon mehr als 25.312 reformierte Trolle“ heißt es auf der Page dazu ironisch im Stil windiger Anbieter, darunter stehen kurze Statements angeblich begeisterter Ex-Nerver: „Tag sechs: Neu geboren, und voller Liebe. Danke, Zero Trollerance“.

Nur vier Tage brauchte es insgesamt, den Bot zu programmieren. „Wir hatten eine sehr enge Deadline, sonst hätten wie noch viel mehr Features implementiert“, bedauert Ada Stoz von Peng, die das Programm gecodet hat. Nun laufen die Scripte nur auf zwei privaten Rechnern statt auf einem Server, „einer steht in Kapstadt und einer in Berlin.“

Unter dem Hashtag #ZeroTrollerance kann man die Reaktionen der zum Selbsthilfe-Kurs Gebetenen beobachten, „viele ignorieren uns einfach“, sagt Stoz. „Andere haben den Masteraccount entdeckt und begonnen, den zu trollen. Und ja, uns wurden auch einige extreme Gewalt enthaltende Bilder geschickt, dazu wütende Selfies und natürlich kamen auch Vorwürfe, dass wir die Meinungsfreiheit Anderer nicht respektierten, was natürlich ausgemachter Quatsch ist.“

Positives Feedback

Das Feedback der feministischen Online-Community sei dagegen sehr gut gewesen, freut sich Stoz. Und genau für die sei das Projekt schließlich auch gedacht, denn „es entstand ja schließlich aus deren Berichten über die ständigen Gewaltdrohungen, denen Feministinnen online ausgesetzt sind.“

Aber sind Bot und Webseite nicht im Grunde nur Countertrolling, also nichts, was das Verhalten von Trollen wirklich ändert und damit bloß Bespaßung der eigenen Zielgruppe? Nein, sagt Ada Stolz. Während die Bots nach einer Woche wieder verschwinden sollen, wird die Webseite des Projekts online bleiben.

„Die Seite soll als Resource für alle, die es mit ihren Trollen aufnehmen wollen, dienen“, erklärt Stoz. Der Verweis auf eines der sechs Videos und den Selbsthilfekurs als dann persönliche Reaktion auf einen Troll könnte es Leuten, die sich ansonsten nicht gut wehren können oder nicht in der Lage sind, persönliche Angriffe zu ignorieren, leichter machen, Nerver in ihre Schranken zu verweisen.

Und außerdem, so betont Stoz: „Wenn es um Aktivismus geht, muss man manchmal einfach zugeben, dass diejenigen, auf die er zielt (in diesem Fall die Trolle) sich nicht ändern oder eine andere Haltung annehmen werden. Mit ihnen diskutieren zu wollen wäre Zeitverschwendung. In solchen Fälle ist die beste Taktik eben sie lächerlich und damit kleiner zu machen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.