Fusionswelle in China: Pekinger Paarungszeiten

China setzt auf Gigantismus und will seine staatlichen Großunternehmen verheiraten. Dabei zählen einige der Konzerne bereits zu den größten der Welt.

Künftige Führungskraft beim Tai Chi auf der China Executive Leadership Academy Pudong. Bild: ap

PEKING taz | Chinesische Staatsunternehmen wie der Haushaltswarenhersteller Haier, Stahlkocher Baosteel, China Telecom oder der Energieriese Sinopec – sie gehören bereits zu den größten Unternehmen der Welt. Nun sollen einige von ihnen noch größer werden.

Nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua plant die chinesische Führung eine umfassende Umstrukturierung ihrer Staatsunternehmen. Die Zahl der Firmen, die unmittelbar der Zentralregierung unterstellt sind, soll durch Übernahmen von derzeit 112 auf rund 40 schrumpfen.

Offiziell begründet Chinas Führung die Zusammenlegung damit, dass die Unternehmen untereinander auf diese Weise weniger Konkurrenzkämpfe ausfechten. Zugleich sollen sie effizienter und wettbewerbsfähiger werden. Welche Firmen wann verschmolzen werden sollen, gab die Staatsführung bislang nicht bekannt.

Dieser Schritt überrascht. 2013 hatte die Kommunistische Partei verkündet, sie werde den staatlichen Einfluss in der Wirtschaft deutlich zurückfahren. Nun setzt die Zentralregierung auf das Gegenteil: Sie bläst die Staatsunternehmen weiter auf.

Aufblasen statt kleinhalten

Die Zusammenlegung erfolge weniger aus wirtschaftlichen, sondern vielmehr aus politischen Gründen, vermutet die Analystin Rosealea Yao vom unabhängigen Wirtschaftsinstitut Dragonomics. Peking wolle sich der verkrusteten Strukturen entledigen.

Vor allem die staatlichen Energieunternehmen seien zu mächtig geworden und würden sich den Wirtschaftsreformen der Zentralregierung widersetzen. Die seltsame Logik der chinesischen Führung: Die Konzerne sollen entmachtet werden, indem sie noch mächtiger werden – aber möglicherweise besser kontrollierbar.

Der Preis ist, dass China sein Modell aufgibt, Staatsbetriebe durch Konkurrenz effizienter zu machen: Mit seinem staatskapitalistischen Modell ist das Land zwar viele Jahre sehr gut gefahren. Doch wie im postkommunistischen Osteuropa kämpften in den neunziger Jahren auch die chinesischen Staatsunternehmen gegen personelle Überkapazitäten. Die meisten von ihnen waren Ressourcenfresser und ihre hergestellten Waren nicht mehr zeitgemäß.

Wozu Konkurrenz?

Der chinesischen Führung gelang es, die Staatsunternehmen innerhalb weniger Jahre profitabel und konkurrenzfähig zu machen. Haier, Baosteel und Sinopec zählten in ihren jeweiligen Branchen schon bald zu den Größten der Welt. Zugleich gab es für jedes dieser Unternehmen auch staatliche Konkurrenten, um das Geschäft zu beleben.

Für die Zentralregierung hatte das den Vorteil, dass über die Steuereinnahmen hinaus ein beträchtlicher Teil des Gewinns an den Staat floss. Und die Einnahmen sprudelten. Bis heute werden rund 30 Prozent der chinesischen Gesamtproduktion von staatseigenen Unternehmen erwirtschaftet. 47 der chinesischen Staatsunternehmen werden unter den Fortune Global 500 gelistet, den weltweit 500 führenden Unternehmen.

Doch inzwischen stößt dieses Modell an seine Grenzen. Chinas langsameres Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre hat dazu geführt, dass einige Staatsunternehmen gigantische Überkapazitäten aufgebaut haben. Vor allem die Stahlindustrie wird ihre Rollen nicht mehr los. Auch in anderen Branchen sind die Lager überfüllt.

Chinas Ministerpräsident Li Keqiang versichert seit Monaten, es sei ihm ernst damit, die industrielle Überproduktion stark zu drosseln. Die überflüssigen Fabriken belasten den Staatshaushalt und die Umwelt. China will weg von der schmutzigen Schwerindustrie.

Jahrelange Bestechung

Doch die Zentralregierung stößt mit ihren Plänen auf erheblichen Widerstand. Die Parteikader in den Staatsbetrieben fürchten um ihre Pfründe und behindern wichtige Reformen. Sie wissen auch viele Lokalregierungen auf ihrer Seite. Viele von ihnen wurden jahrelang geschmiert.

Chinas Staatspräsident Xi Jinping geht seit zwei Jahren mit einer umfassenden Anti-Korruptions-Kampagne gegen diese Praxis vor. Von mehr als 400.000 Ermittlungen gegen Beamte und Parteikader stehen über zwei Drittel im Zusammenhang mit Machenschaften der vielen Staatsunternehmen. Doch offensichtlich genügen die Maßnahmen nicht.

Westliche Beobachter hatten gehofft, die Zentralregierung würde die Staatsunternehmen zerschlagen und wichtige Sektoren privatisieren. Doch weit gefehlt. Auf das Modell des Staatskapitalismus will die chinesische Führungsspitze auch künftig nicht verzichten.

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