Auf Karlsruhe hoffen

KLAGE Eine türkische Zeitung will das Bundesverfassungsgericht zu Hilfe rufen. 2002 entschied das Gericht bereits über ein Akkreditierungsverfahren

FREIBURG taz | Die türkische Zeitung Sabah will das Bundesverfassungsgericht einschalten, um doch noch vom NSU-Prozess berichten zu können. Die angekündigte Verfassungsbeschwerde ist in Karlsruhe allerdings noch nicht eingegangen.

Bei der Akkreditierung kam Sabah zu spät und findet sich nur auf Platz 25 der Nachrückerliste. Das heißt, an den interessantesten Prozesstagen hat die Zeitung wenig Chancen, in den Gerichtssaal zu gelangen.

Der stellvertretende Sabah-Chefredakteur Ismail Erel sagte dem ZDF, Presse- und die Informationsfreiheit müssten auch für die türkischsprachigen Journalisten in Deutschland gelten. Mit solchen Argumenten wird er in Karlsruhe aber kaum Erfolg haben. Er müsste vielmehr herausarbeiten, warum türkischsprachige Journalisten bei einem Verfahren, in dem alle Medien formal gleichbehandelt wurden, benachteiligt waren.

Im Jahr 2002 hat das Verfassungsgericht schon einmal über ein Akkreditierungsverfahren entschieden. Damals erklärte Karlsruhe, es gebe verschiedene Wege, „eine diskriminierungsfreie Zuteilung der knappen Plätze zu erreichen“. Es sei aber „nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts zu prüfen, ob die beste Verteilmodalität gewählt worden ist“. Allerdings könne es eventuell Konstellationen geben, „in denen eine Differenzierung zwischen verschiedenen Typen der Medien oder verschiedenen Medienunternehmen verfassungsrechtlich zulässig und zugleich geboten ist“. Auf ein solches Gebot zur besonderen Behandlung internationaler Medien müsste sich nun auch Sabah berufen.

Wie die Zeitung ankündigte, will sie die Verfassungsbeschwerde mit einem Antrag auf einstweilige Anordnung verknüpfen. Über einen solchen Eilantrag könnte noch vor Prozessbeginn entschieden werden.

Zugleich appellierte die Justizpressekonferenz (JPK), der Verein der Karlsruher Rechtskorrespondenten, nochmals eindringlich an das OLG München, „Bild und Ton in einen Nachbarraum zu übertragen“. Die JPK-Journalisten halten das für „rechtlich zulässig“ und verweisen auf den Rechtsprofessor Claus Roxin, der die Übertragung in einen Nebenraum mit dem Öffnen einer Schiebetür verglichen hat. Roxins Wort hat besonderes Gewicht, da er als größter Kritiker von öffentlichen Schauprozessen gilt. CHRISTIAN RATH