Eingebildeter Strohhalm

Betr.: „Das Instrument ist gruselig“, taz bremen vom 29.12.2005

Super, dass diese Zeitung wieder etwas Kritisches zum 1-Euro-Jobprogramm geschrieben hat. (…) Der 1-Euro-Jobber motiviert sich jeden Tag, obwohl er weiß, dass das Programm ein fauler Zauber ist. Es klingt unglaublich: Die Motivation besteht aus dem niedrigen Zuverdienst und der weniger sinnvollen Arbeit. Die Teufelsspirale heißt Arbeitslosigkeit und gesellschaftliche Ausgrenzung, und damit anspruchsarm. Mit Hartz IV hat man noch einen drauf gesetzt.

Die Menschen ertragen diese Schmach, weil es ein Strohhalm ist. Ein Strohhalm, der stabil ist – aber nur in der Einbildung der Betroffenen. Nach einem halben Jahr hat es sich ausgeträumt. Die kalte Realität hat einen wieder fest in ihren Klauen. Arbeitslosigkeit wird dadurch nicht bekämpft. Es ist ein Schleudersitz. Sitzt man erst mal drin, rückt man auch seine Wünsche zurück. Schlechte Zumutungen an Arbeit und Betrieb werden geschluckt. So schluckt man Kröte um Kröte. Rolltreppe abwärts, heißt das Programm (…). Es gilt als drohende Faust für die Arbeiter (…). An diese Schweinerei darf man sich nicht gewöhnen (…). JENS SCHNITKER, Bremen