Langeweile in der Kiste

SCHLAPP In „Heiß & Fettig!“ (Do., 22.15 Uhr, ZDFneo) soll Moderator Thilo Mischke „auch Konsens abfragen“ – für Überraschungen und unsexy Sexthemen bleibt leider kein Platz

„Ich muss aufpassen, dass ich nicht der Pimmel-Typ werde“

Sexperte Thilo Mischke

VON ANNA KLÖPPER

Blinde Liebe ist es nicht, die Thilo Mischke – „Eigentlich bin ich Printjournalist“ – mit seinem neuen Arbeitgeber Fernsehen verbindet. „Das Fernsehen lügt“, sagt der Moderator des ZDFneo-Sexmagazins „Heiß & Fettig!“ und blinzelt, offenbar zufrieden mit sich über diesen Satz, in die Sonne vor dem Café in Berlin-Mitte. „Alles, was passiert, ist nur Inszenierung – es wird konstruiert für eine Idee.“

Die Idee hinter „Heiß & Fettig!“ ist es dann wohl, das Thema Geschlechtsverkehr möglichst ungezwungen zu inszenieren: „Ganz locker, ganz entspannt, ganz authentisch“, erklärt Andrea Eisel, stellvertretende Redaktionsleiterin von ZDFneo, das Konzept. „Wir wollen die Fragen stellen, die sich auch der Zuschauer beim Thema Sex stellt.“

Genau da liegt auch schon das Problem des halbstündigen Talkformats: Da werden die Standardthemen abgearbeitet, die man – ganz entspannt – genauso schon oft diskutiert hat: Gibt es Pornos, die Frauen gern gucken (Außenreporterin Ariane Alter mit Selbstversuch und folgendem umwerfenden Ergebnis: Ja, aber sie wollen mehr Handlung als Männer!); was kann man in einer Langzeitbeziehung gegen Langeweile im Bett tun? (Sexbuchautorin Paula Lambert: „Reden hilft immer!“); kann man wirklich „Fuck Buddies“ im Internet bestellen? (Man kann. Und, ach was, Paula Lambert: „Das Internet enthemmt!“).

Andrea Eisel sagt: „Über Sex kann man immer wieder reden.“ Auch wenn man nichts Neues dazu zu sagen hat? „Natürlich muss ich beim Schreiben und im Fernsehen einen Modus finden, dass die Leute zuhören“, sagt Mischke. Da blieben dann eben gewisse Themen wie „Ist Analverkehr versaut und was mache ich, wenn ich keinen hoch kriege“, die man immer wieder durchkaue, meint Mischke, der Gründungsredakteur der deutschen Ausgabe des Szenemagazins Vice war und zuletzt für Springers Bild am Sonntag Reportagen schrieb. Auf die Frage, ob er in der Sendung auch seine eigenen Fragen stellen dürfe, habe ihm die Redaktion geantwortet: Ja, schon, „aber du musst auch Konsens abfragen, das wollen die Leute hören.“

Im Herbst 2012 ließen „die Leute“ einen Piloten des Sextalks im ZDFneo „TV Lab“, bei dem die Zuschauer über verschiedene Formate online abstimmen können und das Siegerformat in Serie geht – durchfallen. Der Sextalk, noch mit anderen Moderatoren und aus einer Kreuzberger Burgerbraterei anstelle eines Hamburger Nachtclubs, belegte nur den vierten Platz. Jetzt geht „Heiß & Fettig“ trotzdem in Serie. „Natürlich hat auch die Redaktion ihre Lieblingsformate“, sagt Eisel. Das Zuschauervoting ignoriere man aber keineswegs: „Es gab viele positive Kommentare, die gesagt haben: Endlich mal wieder ein Sexmagazin.“

Endlich mal wieder ein Sexmagazin. Das allerdings Themen, die auch Sex sind, aber leider nicht sexy – HIV, Prostitution – ausspart. Die federleichte Plauderei fällt da natürlich nicht mehr so leicht, Konsens auch nicht. Mischke sagt, er würde gern mal eine heterosexuelle, HIV-positive Frau – „Die gibt’s ja angeblich nicht“ – einladen, falls es denn eine zweite Staffel gebe.

Falls. Quotenerwartungen habe man keine, versichert Eisel. Aber selbst wenn: Thilo Mischke, dem Autor des Buchs „In 80 Frauen um die Welt“ – „Ich muss aufpassen, dass ich nicht der Pimmel-Typ werde, dann muss ich mir ein anderes Thema suchen“ – der nur durch Zufall zu seinem Moderatorenposten kam, nachdem er 2012 als Gast in der Sendung war und daraufhin den Job angeboten bekam, scheint das nicht zu kümmern: „Was kann schon passieren, außer dass sie scheiße finden, was ich mache?“ Diese Unbedarftheit, mit der er das neo-Experiment angeht, nimmt man ihm ab: Fast wirkt er wie ein distanzierter Beobachter seiner selbst bei diesem Moderationsausflug. Thilo Mischke ist eben eigentlich Printjournalist.