Grüner Rezzo Schlauch berät Atomkonzern

Der ehemalige Staatssekretär soll die erneuerbaren Energien fördern. Viele Expolitiker im Energiesektor

BERLIN taz ■ Rezzo Schlauch, Grünen-Politiker und ehemaliger Staatssekretär im Bundesumweltministerium, sitzt seit Ende 2005 im Beirat des baden-württembergischen Energiekonzerns EnBW. Nach seiner Entlassung sei er in das Gremium berufen worden, erklärte Schlauch gestern erstmals öffentlich.

Im Beirat befindet Schlauch sich in prominenter Gesellschaft. Expolitiker wie Klaus Kinkel (FDP), Theo Waigel (CSU) und Matthias Wissmann (CDU) hat Konzernchef Utz Claasen um sich versammelt. In der rot-grünen Regierung war Rezzo Schlauch am Atomausstieg beteiligt. EnBW betreibt mit Philippsburg und Neckarwestheim zwei Atomkraftwerke. Er wolle sich bei EnBW für die Nutzung regenerative Energien einsetzen, sagte der Grünen-Politiker gestern der Stuttgarter Zeitung. „Das zu glauben ist naiv“, kommentiert Ulrich Müller Vorstandsmitglied von LobbyControl, „die Atomenergie gehört immer noch zum Kerngeschäft der EnBW.“ Rezzo Schlauch sei für den Konzern nicht nur wegen seiner vielfältigen politischen Kontakte attraktiv, so Müller. Der Energiekonzern betreibe mit ihm auch so genanntes Greenwash. Ein Grünen-Politiker in einem Energiekonzern vermittelt leicht den Eindruck, dass umweltfreundlich gewirtschaftet werde.

Von der Bundespartei der Grünen war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu erhalten.

Ehemalige Politiker wechseln häufig in die Aufsichtsräte, Beiräte oder Vorstände von Konzernen. „Gerade im Energiebereich ist die Vernetzung zwischen Politik und Unternehmen sehr auffällig“, meint Lobbyexperte Müller. Das prominenteste Beispiel liefert Gerhard Schröder. Der ehemalige Bundeskanzler von der SPD berät die RAG und hält einen Aufsichtsratsposten beim russisch-deutschen Gaspipeline-Konsortium. Der ehemalige Wirtschaftsminister (1998–2002) Werner Müller ist Vorstandvorsitzender der Ruhrkohle AG (RAG). Sein früherer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Alfred Tacke (SPD) sitzt dem Vorstand der RAG-Tochterfirma STEAG vor. Auch andere Politiker der alten rot-grünen Koalition sind inzwischen für Energiekonzerne tätig. Wolfgang Clement (SPD), ehemals Bundeswirtschaftsminister, ist Aufsichtsrat der RWE-Kraftwerkstochter RWE Power.

Doch nicht nur Politik und Wirtschaft vernetzen sich in Beiräten, Aufsichtsräten und Vorständen, auch von anderen zivilgesellschaftliche Akteure lassen sich Konzerne gerne beraten. Neben Rezzo Schlauch freut sich der EnBW-Beirat über einen weiteren Neuzugang: Willi Steul. Der Landessendedirektor des Südwestrundfunks sieht seine Mitgliedschaft auch im Interesse seines Senders, zitiert die Stuttgarter Zeitung.

ANNA DOBELMANN