Amerikaner wollen ihr Wasser zurück

Die deutsche RWE will ihre Wassersparte in den USA loswerden. Städte möchten Wasserwerke zurückkaufen

BERLIN taz ■ Der Energie- und Wasserversorger RWE soll beim geplanten Verkauf seiner Wasserwerke in den USA auch die betroffenen Städte als Käufer in Betracht ziehen. Damit soll der Konzern den Weg zur Rekommunalisierung der Wasserversorgung frei machen. Das forderte gestern in Berlin eine Gruppe von Bürgermeistern und lokalen Abgeordneten aus den Staaten Illinois, Kentucky und Kalifornien von dem Essener Konzern.

„RWE interessiert sich mehr für Profite als für die Instandhaltung der Netze“, sagte Laurell Prussing, Bürgermeisterin der Stadt Urbana, Illinois. Häufig hätte es die schlechte Qualität des Leitungswassers nötig gemacht, das Wasser wegen möglicher Verunreinigungen vorsorglich abzukochen. Die Probleme traten nach der Übernahme des Wasserversorgers American Water durch RWE im Jahr 2003 auf. „American Water hat das Leben der Menschen aufs Spiel gesetzt, weil die Hydranten der Firma bei Löscharbeiten nicht zu öffnen waren“, sagte Prussig.

RWE war schon im Jahr 2000 durch den Kauf des größten britischen Wasserversorger Thames Water groß in das Geschäft mit dem Leitungswasser eingestiegen. Im Jahr 2003 kam dann für 4,5 Milliarden Euro das größte US-amerikanische Wasserunternehmen American Water Works hinzu. Seither versorgt RWE durch seine Tochter American Water als drittgrößter Wasserversorger der Welt 18 Millionen Menschen in den USA, Kanada und Puerto Rico. Auch in Europa, Asien und dem Mittleren Osten ist RWE im Wassersektor aktiv.

Doch mit dessen Rendite ist RWE offenbar nicht zufrieden. Nachdem RWE im vergangenen Jahr 759 Millionen Euro wegen American Water abschreiben musste, will Konzernchef Harry Roels nun American Water und später auch Thames Water schon wieder verkaufen. Bis dato will allerdings noch niemand American Water kaufen – bis auf die betroffenen Städte. Doch anstatt mit den Kommunen zu verhandeln will der Konzern American Water an die Börse bringen. „RWE ignoriert die Gemeinden als potenzielle Investoren völlig“, so Victoria Kaplan, Kampagnenleiterin von der Nichtregierungsorganisation Food & Water Watch aus Washington. Um sich dennoch Gehör zu verschaffen, wird Laurel Prussing aus Urbana mit Unterstützung des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre am Donnerstag bei der Hauptversammlung von RWE in Essen auftreten. Den Mitgliedern des Vorstands soll die Entlastung verweigert werden, weil „der Vorstand die Bedürfnisse der Kunden ignoriert“.

Unterstützung bekommen die amerikanischen Bürger bei ihrer Forderung aus dem Mutterland von RWE. „Auch wir haben hier Probleme, seit die städtische Wasserversorgung teilprivatisiert wurde“, sagt Gerlinde Schermer von der SPD-Linken in Berlin. Seit RWE und die Leipziger Veolia im Jahr 1999 49,9 Prozent der Berliner Wasserwerke für 1,7 Milliarden Euro übernommen haben, seien die Wasserpreise um ein Viertel gestiegen.

BERNHARD ROHKEMPER