Rückkehr nach Fukushima undenkbar

Zum ersten Mal gibt ein Regierungsvertreter zu, dass die Region nie wieder bewohnbar sein wird

TOKIO/BERLIN rtr/taz | In der Nähe des havarierten Atomkraftwerks Fukushima an der japanischen Ostküste hat am Sonntag wieder einmal die Erde gebebt. Die Erdstöße waren noch in Tokio zu spüren. Die Behörden registrierten eine Stärke von 5,0, gaben aber bis Redaktionsschluss keine Auskunft über mögliche Schäden.

Am selben Tag hatte die Zeitung Asahi Shimbun erstmals einen führenden Vertreter der japanischen Regierungskoalition mit der Aussage zitiert, dass wohl nicht alle Flüchtlinge der Atomkatastrophe von 2011 in ihre Heimat zurückkehren werden können. Demnach sagte Shigeru Ishiba, der Generalsekretär der regierenden Liberaldemokraten: „Es wird die Zeit kommen zu sagen: ‚Ihr könnt dort nicht mehr leben, aber ihr erhaltet Entschädigung.‘“ Die Regierung müsse die Gebiete benennen, die wegen der radioaktiven Verseuchung offensichtlich niemals mehr bewohnbar sein würden.

Die Frage der Rückkehr ist in Japan politisch brisant. Bislang hat die Regierung allen 150.000 Menschen, die vor den Explosionen und der Strahlung geflohen waren, Hoffnung gemacht, eines Tages wieder in ihren Heimatorten leben zu können.

In Fukushima bereitet sich der Kraftwerksbetreiber Tepco gleichzeitig darauf vor, mehr als 400 Tonnen stark strahlenden Atombrennstoff aus dem Kern des Reaktors 4 zu bergen. Die 1.530 Brennstäbe sollen Mitte November umgelagert werden – das Kühlbecken des Meilers liegt offen, nachdem die Explosionen vom 15. März 2011 Teile der Außenwand des Gebäudes weggerissen hatten.

Forscher warnen aber, die Bergung könne zu einer weiteren Katastrophe führen: Die Brennelemente enthielten so viel radioaktives Cäsium wie 5.000 Hiroschima-Bomben, so der Atomwissenschaftler Hiroaki Koide von der Universität Kioto. Vertreter der japanischen Atomaufsichtsbehörden argumentieren dagegen, die Umlagerung sei „ein großer Schritt im Prozess zur Stilllegung des Reaktors“.