WM-Metropole Leipzig: „Das ‚th‘ bringt die Sachsen um“

Aaron Schells Schule wollte Leipzigs Taxifahrern Englischkurse schenken – nur 25 machten mit

taz: Herr Schell, meiden Sie jetzt die Taxis in Leipzig?

Aaron Schell: Nein, würde ich niemals machen.

 Aber die meisten Taxifahrer haben Sie abblitzen lassen. Sie und Ihre Kollegen boten extra zur WM einen Englischkurs an – gesponsert von Mercedes und daher fast kostenlos. Von 1.700 Fahrern machten nur 25 mit.

Das stimmt schon. Aber sie sind ja nicht weggeblieben, weil sie mich nicht mögen.

 Warum denn?

Ich kann das nur vermuten. Die Fahrer arbeiten viel. Und das war eine Ausrede: dass sie lieber am Taxistand auf Kunden warten, als in den Kurs zu gehen. Dabei belohnen gerade Engländer guten Service mit Trinkgeld.

 Das sagt ja auch der Slogan Ihrer Sprachschule ICC: „Better english for better business“.

Es hat wahrscheinlich viel mit Selbstsicherheit zu tun. Einige haben gesagt: Ich bin zu alt. Und andere meinten, dass sie in der Schule Russisch gelernt haben und es ihnen nichts gebracht hat: Warum sollen sie dann noch eine Sprache lernen? Klingt logisch, aber aus pädagogischer Sicht finde ich das ehrlich gesagt ein bisschen lächerlich.

 Vielleicht haben Sie nicht genug Werbung gemacht.

Bestimmt nicht. Wir haben eine Pressekonferenz abgehalten, die Chefs der Taxizentralen kontaktiert und sind persönlich zu den großen Taxiständen gegangen.

 Und?

Bei manchen ist es gut angekommen. Einige dachten, wir wollten ihnen nur Werbung andrehen.

 Leipzig ist doch eine multilinguale Stadt. In der Straßenbahn werden Haltestellen sogar auf Französisch ausgerufen.

 Ich weiß auch nicht. Es ging ja nicht darum, dass die Taxifahrer fließend Englisch sprechen.

 Was unterscheidet die 25 Absolventen des Kurses von einem Durchschnittschauffeur?

Das sind offene Charaktere. Sie haben ihre Schwäche identifiziert und gedacht: Wow! Ich kriege zehn Unterrichtseinheiten umsonst, nur für eine Anmeldegebühr. Jeder einzelne hat hinterher gesagt: Ich habe etwas gelernt und es hat Spaß gemacht. Das hat mir als Lehrer wirklich sehr gefallen.

 Ist Englisch für Sachsen eigentlich schwer zu lernen?

Nicht schwerer als für andere Deutsche. Nur mit der Aussprache ist das etwas schwierig.

 Das mit dem O und dem A?

Alle Wörter mit „th“. „Third“ oder „fourth“, so was braucht man für Wegbeschreibungen. „Go through …“ – das bringt die um.

 Was sollen fremdsprachige WM-Gäste jetzt machen, die an einen rein sächsischsprachigen Fahrer geraten?

Sie müssen sich leider mit Händen und Füßen verständigen. Oder das Fahrziel aufschreiben. Wenigstens haben jetzt 200 Taxifahrer, die nicht im Kurs waren, unser Vokabelheft „Fit für die WM – Taxifahrer lernen Englisch“ und die zugehörige CD.

 Wenn noch ein Fahrer zufällig die taz liest: Welche Tipps in letzter Minute geben Sie?

Sie können auch immer noch einen Miniminicrashkurs machen, falls sie Bedarf hätten …

 Sie haben die Hoffnung nicht aufgegeben.

Es ist echt schade. Weil so etwas auch eine Chance bietet, Leipzigs Ruf zu verbessern.

 Und der Notfalltipp?

Erstens: immer Lächeln. Zweitens: ein kleines „Please“ oder „Thank You“ in jedem Satz.

INTERVIEW: GEORG LÖWISCH