nicht käuflich
: Gardinenpredigt im Baumarkt

Nun soll auch noch das letzte Refugium der Männer fallen: Baumärkte. Die REWE-Tochter Toom hat angekündigt, sich zukünftig bei Sortiment und Beratung in seinen Baumärkten mehr auf Frauen als Kunden konzentrieren zu wollen. Georg Rothacher, Chef der REWE-Tochter, fiel es offenbar wie Schuppen von den Augen, als er ein prägendes Erlebnis mit einer aufgeplatzten Gardinentüte hatte: Niemand, erkannte Rothacher plötzlich, wolle ein Produkt kaufen, dass er nicht anfassen könne. Und dann behauptete die Nummer sechs unter den Baumarktkettenchefs, er denke jetzt, „wie die Kunden denken“.

Wie aber denkt der Baumarktkunde? Ist er wirklich ein Gardinen-Grabbler, ein Mörtel-Piekser? Nein, Tooms neue Strategie klingt mehr wie das Prinzip Coiffeur: Typberatung vorm Hochglanzprospekt und nachher genau wissen, dass niemand die Zeit hat, das Kunstwerk auch jeden Tag zu restaurieren.

Trotzdem kommen bei Toom demnächst „Begleiter“ zum Einsatz, die Kunden und Kundinnen ihrem Bauvorhaben entsprechend beraten. Bei einem geschlossenen Beutel Gardinen ganz schön einfach, bei einem geschlossenen Innenhof, der Wohnraum werden soll, ganz schön schwer.

Auf Wunsch komme der Berater sogar nach Hause und mache einen verbindlichen Kostenvoranschlag, verspricht das Unternehmen. Bei der aktuellen Architektenschwemme wahrscheinlich nicht zu teuer. Fraglich nur, wer die Folgekosten der Hausbesuche tragen soll. Ich schätze mal der Kunde, obwohl ich mir bei den zuletzt bei Toom gesichteten Preisen nicht sicher bin, ob es noch Luft nach oben gibt. Zusätzlich will die REWE-Tochter demnächst ein Viertel mehr Personal als die Konkurrenz beschäftigen.

Die Ware dürfte das ordentlich verteuern. Ohne dass sich ein Effekt erzielen ließe. Oder haben Sie sich im Baumarkt schon einmal beraten lassen und mussten danach nicht zum Umtausch wieder hin? Ich nicht.

Wahrscheinlich liegt auch das nur daran, dass ich zu Hause nichts zu sagen habe, denn in der harten Realität des Bastlers sieht es nämlich ganz anders aus, als vermutet. Alle „sichtbaren Investitionen“ ins Eigenheim würden im realen Leben vom weiblichen Geschlecht ausgewählt, sagt Rothacher. „Umsetzer“ des Ergebnisses des ganzen Beratungsmarathons sei zwar letztlich der Mann, aber der sei quasi beratungsresistent und müsse nur den Hammer schwingen und die Kelle kreisen lassen. „Die bisherige Kundenorientierung von Baumärkten spricht 75 Prozent der möglichen Käufer gar nicht an, nämlich Gelegenheitsheimwerker und Frauen“, weiß Rothacher.

Einerseits gemein, diese beiden Gruppen in einen Topf zu werfen. Anderseits: Die bisherige Kundenorientierung von beispielsweise Coiffeuren spricht ja auch 75 Prozent der möglichen Kunden gar nicht an – nämlich Glatzenträger und Gelegenheitsheimwerker. Aber vielleicht kommt es auf die „sichtbaren Investitionen“ auch gar nicht mehr an. Rothacher, übernehmen Sie!ELMAR KOK