Die Welt im Dorf lassen

REGIO-TAZ Von Sterntalern, Stromnetzen und Hofläden der nächsten Generation. Wie die Wirtschaft vor Ort zum Gegenpol der Globalisierung werden kann

Zum dritten Mal können Sie auf den folgenden Seiten ausschließlich gute Nachrichten lesen. Die ersten beiden taz-Ausgaben mit good news erschienen an Pfingsten und am Nikolaustag 2009 und stellten Erfolgsprojekte aus aller Welt vor. Diesmal liegt unser Fokus auf den vielen großartigen Initiativen in der deutschsprachigen Provinz, die meist durch das Raster der Medien fallen.

Auf den folgenden Sonntaz-Seiten berichten wir von Projekten und Einzelpersonen, die die alten Themen Landwirtschaft, Ernährung, Energie und Geld potenziell revolutionieren. Sie führen Regiowährungen ein, festigen den sozialen Zusammenhalt vor Ort, fördern regionale Kreisläufe und Stoffströme, rekultivieren uralte Pflanzensorten und Tierrassen, bekämpfen mit neuen Anbauweisen die Klimakatastrophe oder sorgen mit Energiegenossenschaften und rekommunalisierten Stadtwerken für erneuerbare Energien und Unabhängigkeit von Großkonzernen.

Dies ist praktizierte Globalisierungskritik von unten, die in den alten politischen Kategorien nur unzureichend erfasst werden kann. Ausgerechnet in den „schwärzesten“ Regionen ist sie nämlich am lebendigsten: in Baden-Württemberg mit seinen unzähligen Genossenschaften, in Bayern und Österreich mit ihren einigermaßen intakten ländlichen Strukturen. „Linke“ Sehnsüchte nach Veränderung, Gerechtigkeit und Selbstbestimmung vereinigen sich hier mit „konservativen“ Sehnsüchten nach Heimat und Bindung. Entsteht hier eine neue Softpower, die Softpower Provinz? Geht die ökosoziale Revolution vom ländlichen Raum aus? Kann die natur- und menschenfressende Globalisierung von unten ausgehöhlt und überwunden werden? Auf jeden Fall keimen hier höchst zukunftsträchtige Ansätze. „Regionaler Aufbruch“ nennt sich ein Zusammenschluss dieser Initiativen, und dieser Aufbruch ist lebendig, bunt, kreativ. Er besteht aus Menschen, die im Zweifelsfall lieber Regiogeld ausgeben als Euro, lieber ein Konto bei der lokalen Raiffeisenbank eröffnen als bei einer Großbank und im Winter lieber neue Lauchrezepte ersinnen, als Erdbeeren aus Übersee zu kaufen. Kurz gesagt: In dubio pro regio.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Erkundung dieser regionalen Räume, in denen neue Blütenträume wachsen. Und freuen uns über Kommentare, Kritik und Anregungen unter regio@taz.de. ANNETTE JENSEN STEPHAN KOSCH, UTE SCHEUB