Wüppesahl hat Angst

Nach dem Überfall: Der Ex-Polizist Thomas Wüppesahl wirft der Gefängnisleitung in Billwerder vor, nichts gegen seine Gefährdung unternehmen zu wollen. Sein Anwalt fordert eine Verlegung auf die Sicherheitsstation

„Es war nur ein Denkzettel“, klingt Ex-Polizist Thomas Wüppesahl zunächst abgeklärt. Aber dann kommt doch Angst auf: „Beim nächsten Mal wird mit Sicherheit ein Messer im Spiel sein – als Bulle bin ich nun mal im Knast ein Feindbild.“

Das sagte der Ex-Bundestagsabgeordnete der Grünen und ehemalige Sprecher der Kritischen Polizisten am Wochenende der taz am Telefon, nachdem er am vorigen Mittwoch im Schulungstrakt der JVA Billwerder von maskierten Mithäftlingen angegriffen und verletzt worden ist. Die Täter konnten bislang nicht ermittelt werden.

Seit März sitzt Wüppesahl im neuen Hamburger Großknast ein – zunächst auf der Sicherheitsstation 6a, von wo er im September gegen seinen Willen in den Regelvollzug verlegt worden war. Seitdem lebt er mit Straftätern Tür an Tür, die er früher einmal verfolgt hat. Nur der Stand von Sexualstraftätern ist im Gefängnis noch prekärer als der eines Ex-Polizisten.

Wüppesahl und sein Anwalt Ernst Medecke kritisieren, wie die Gefängnisleitung mit dem Überfall umgeht. „Die Polizei ist nicht geholt worden“, moniert Wüppesahl . „Das ist doch das Einmaleins.“

Der Sprecher der Justizbehörde, Carsten Grote, sagt, dass der Überfall zunächst intern aufgeklärt werden solle, bevor er strafrechtlich angezeigt werde. Grote bezweifelt, dass der Überall so dramatisch war, wie von Wüppesahl behauptet. So werde eine Bewusstlosigkeit medizinisch als unwahrscheinlich angesehen. Der Justizsprecher gesteht aber ein, dass dies eigentlich egal sei: Wenn jemand von Mitgefangenen „eins auf die Omme“ kriege, sei das untragbar.

Das findet auch Urs Tabbert, Mitglied des Anstalts-Beirats der JVA Billwerder. „Wir müssen uns grundsätzlich fragen: ‚Wie sicher sind Häftlinge noch im Hamburger Strafvollzug?‘“ Wüppesahls Anwalt Medecke hat Strafvollzugschef Johannes Düwel aufgefordert, Wüppesahl unverzüglich wieder auf die sichere Station 6a zu verlegen. Wobei eine Verlegung eigentlich keine Lösung sei. „Auf dieser Station sollen Inhaftierte untergebracht werden, die gefährlich sind und nicht die, die gefährdet sind.“ Doch die Behörde weigere sich, „Gefährdeten-Stationen“ einzurichten.

Wüppesahl war im Sommer 2005 wegen Verabredung zu einem Verbrechen verurteilt worden. Er hatte gegenüber einem Polizeikollegen vorgegeben, einen Raubüberfall auf einen Geldtransporter zu planen. Wüppesahl hatte stets behauptet, dass er seinen Kollegen für einen auf ihn angesetzten V-Mann hielt, den er habe auffliegen lassen wollen. KAI VON APPEN