Schlappe für den Pharmakonzern Pfizer

ARZNEIMITTEL Das Bundessozialgericht bestätigt einen Höchstpreis für den Cholesterinsenker Sortis

■  Wie: In sogenannte Festbetragsgruppen werden vor allem Arzneimittel eingeordnet, die entweder identische Wirkstoffe enthalten oder deren Wirkstoffe pharmakologisch und in ihrer therapeutischen Wirkung vergleichbar sind. Der Festbetrag ist dann der Maximalbetrag, den die Krankenkasse für die Mittel dieser Gruppe bezahlt. Er kann immer wieder verändert werden

■  Wer: Zuständig ist der Spitzenverband der Krankenkassen. Die Festbetragsgruppen werden vom Gemeinsamen Bundesausschuss gebildet, einem Gremium, in dem Vertreter der Kassenärzte, der Krankenhäuser und der Krankenkassen entscheiden. (kaj)

KASSEL taz | Der Pharmakonzern Pfizer ist mit dem Versuch gescheitert, den hohen Preis für seinen Cholesterinsenker Sortis in Deutschland zu verteidigen. Das Bundessozialgericht in Kassel wies am Dienstag zwei Revisionen ab, mit denen sich Pfizer gegen die Einordnung des Präparats in eine sogenannte Festbetragsgruppe gewehrt hatte.

Mit ihrem Urteil stärkten die Richter ein wichtiges Instrument der gesetzlichen Krankenversicherung zur Senkung von Arzneiausgaben. Festbetragsgruppen sorgen dafür, das Preisniveau bei Medikamenten mit vergleichbarer therapeutischer Wirkung zu vereinheitlichen. Der Festbetrag ist ein maximaler Preis, den die Krankenkassen für diese Mittel zahlen. Wird für ein Präparat ein Festbetrag festgesetzt, senkt der Hersteller häufig den Preis auf dessen Niveau. Tut er das nicht, müssen Patienten, die das Mittel nutzen wollen, die Differenz zwischen Kassenerstattung und Apothekenabgabepreis selbst übernehmen.

Bei Sortis sind die Kosten beträchtlich. Die am häufigsten verkaufte Packung zu 20 mg (100 Stück) kostete nach Angaben der Abteilung Versorgungsforschung an der Uni Bremen Anfang dieser Woche 159,59 Euro. Der von den Kassen übernommene Festbetrag jedoch liege aktuell nur noch bei 23,90 Euro.

Dass Pfizer 2005 den Preis für Sortis nicht senkte, sahen Beobachter als Versuch, auszutesten, ob Kassenpatienten bereit sind, für bestimmte Medikamente draufzuzahlen. Die Patienten aber waren dazu nicht bereit. Laut Arzneimittelverordnungsreport waren 2004 noch rund 3,1 Millionen Packungen Sortis an Kassenpatienten verschrieben worden, 2005 waren es nur noch rund 455.000.

Der Umsatz sei von rund 430 Millionen Euro vor der Festbetragsfestsetzung auf jetzt rund 68 Millionen Euro eingebrochen, sagte Pfizer-Geschäftsführer Michael Klein. Die Weigerung, den Preis zu senken, sei jedoch kein Experiment gewesen. Man habe vielmehr zeigen wollen, dass man mit der Festbetragsfestsetzung nicht einverstanden war.

Das Unternehmen argumentiert bis heute, Sortis biete Patienten therapeutische Vorteile und gehöre deshalb nicht in eine Festbetragsgruppe. Die Richter ließen das nicht gelten. Um die behaupteten Vorteile zu belegen, fehle es an „Studien in der gebotenen Qualität“. Der Gemeinsame Bundesausschuss, der Sortis in die Gruppe mit anderen Cholesterinsenkern einsortierte, habe formell und materiell rechtmäßig gehandelt. Therapiemöglichkeiten seien nicht eingeschränkt worden, medizinisch notwendige Verordnungsalternativen stünden zur Verfügung.

Ob Patienten sich künftig genauso gegen Aufzahlungen sträuben werden wie bei Sortis, ist offen. Seit der jüngsten Arzneimittelreform gilt, dass Patienten draufzahlen können, um Mittel zu nutzen, die ihre Kasse wegen eines Rabattvertrags nicht mehr zahlt. „Der Patient wird daran gewöhnt, dass er zuzahlen darf“, kritisiert der Arzneiforscher Gerd Glaeske. KATJA SCHMIDT