Harte Zeiten für Homosexuelle in Lettland

Parlament wählt homophoben Abgeordneten zum Vorsitzenden des Ausschusses für Menschenrechte und Soziales

„Mein Land ist keine arme Prostituierte, die sich für europäisches Geld verkauft“

BERLIN taz ■ Für Lettlands Schwule und Lesben könnten jetzt noch schwerere Zeiten anbrechen: Am Montag wählte das Parlament, die Saeima, Janis Smits zum Vorsitzenden des Ausschusses für Menschenrechte und soziale Fragen. Smits, studierter Theologe und Mitglied der Regierungspartei „Erste Partei Lettlands“, hatte sich in den vergangenen Monaten vor allem durch übelste Hetztiraden gegen Homosexuelle hervorgetan.

„Als Repräsentant der Christenheit im Parlament bin ich stolz, dass wir es geschafft haben, das Gesetz, das die traditionellen Familien schützt, gegen Veränderungen zu verteidigen. Mein Land ist doch keine arme Prostituierte, die sich für europäisches Geld verkauft“, so hatte Smits Mitte Juli seine Position klargemacht. Kurz zuvor hatte das Parlament ein Gesetz abgelehnt, das die Diskriminierung sexueller Minderheiten am Arbeitsplatz verbietet. Ein derartiges Gesetz sei eine Legalisierung sexueller Perversionen und öffne die Tore für „Päderastie, Lesbentum, Pädophilie, Sodomie und andere Krankheiten“, wetterte Smits.

Als das Antidiskriminierungsgesetz nach einem Veto von Staatspräsidentin Vaira Vike-Freiberga im vergangenen September dann doch das Parlament passierte, stimmte Smits erwartungsgemäß dagegen.

Smits’ Nominierung für den Posten des Ausschussvorsitzenden rief heftige Proteste hervor. So sprachen Mitglieder des Europäischen Parlaments von einer „eklatanten Missachtung der Vorgeschichte des Kandidaten – einer Geschichte der Anstachelung zu Hass und Gewalt“.

Der derart Gescholtene bezeichnete gestern die Aufregung der Medien um seine Person als „verrückt“. Dennoch gab er sich nach seiner Wahl betont versöhnlich. Er werde ehrlich arbeiten und die Verfassung beachten, die allen Bewohnern Lettlands Grundrechte gewähre. Sexuelle Minderheiten hätten die gleichen Rechte wie jeder andere in Lettland auch, allerdings müssten sie in Übereinstimmung mit dem Gesetz handeln, sagte Smits.

Maris Sants, schwuler und aus der evangelischen Kirche ausgeschlossener Pastor, ist entsetzt. „Ungeachtet aller Proteste haben die Abgeordneten diese Entscheidung getroffen und sich damit über europäische Werte hinweggesetzt. Aber das entspricht dem hiesigen Klima“, sagt Sants. In jedem Fall aber müsse Europa darauf reagieren. Eine Möglichkeit dazu gibt es bereits am kommenden Freitag. Dann wird der Präsident der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, in Riga zu einem Treffen mit dem lettischen Regierungschef Aigars Kalvitis erwartet.

BARBARA OERTEL