Engin Celik, kurdischer Flüchtling
: Kein Mann der reinen Kunst

Nach einem 29-tägigen Hungerstreik ist der kurdische Flüchtling Engin Celik gestern aus dem Gefängnis entlassen worden. Das Asyl-Bundesamt setzte die Abschiebung des Flüchtlingsaktivisten und Künstlers vorläufig aus. Vier Wochen gelten als der Zeitraum, nach dem ein Hungerstreik anfängt, ernsthaft gefährlich zu werden.

Celik war am 7. Januar im Zug von Frankfurt nach Düsseldorf von der Bundespolizei aufgegriffen worden. Nach einer „verdachtsunabhängigen Kontrolle“ brachte man den abgelehnten Asylbewerber in das Gefängnis in Gießen. Nach einer Woche in Haft begann er zu hungern, um seine drohende Abschiebung in die Türkei abzuwenden. Um das Schlimmste zu verhindern, führten ihm die Gefängnisärzte intravenös Flüssigkeit zu.

Celik verband sein politisches Engagement stets mit der Kunst. Er spielte Theater bei der Hamburger „Bühne der Träume“, machte Musik mit „Daglara Ezgi“ und schrieb Gedichte. Die Juroren des nach dem türkischen Sozialkritiker Yilmaz Güney benannten Frankfurter Kulturfestivals bedachten ihn 2006 mit ihrem 1. Preis. „L’art pour l’art“ ist seine Sache nicht. Kultur versteht er als Form des Protests. Und zum Protestieren gab es für Celik stets Anlass genug.

Mit 14 floh der kurdische Alevit vor den Angriffen des Militärs nach Istanbul. Als Schüler wurde er auf Demonstrationen verhaftet. Aus der Universität entfernte man ihn, weil er eine regierungskritische Zeitung gründete. Als er in einer Lederwarenfabrik gewerkschaftlich tätig wurde, folterte ihn die Polizei. Das Asyl-Bundesamt nannte dies später „nicht bedeutsam“. Als die Türkei ein neues Anti-Terror-Gesetz verabschiedete, floh er nach Hamburg.

Dort schloss Celik sich einer Flüchtlingsorganisation an. Zum Zeitpunkt seiner Freilassung veranstaltete diese gerade eine Solidaritätskundgebung vor dem Hamburger Hauptbahnhof. Celik setzte seine von der Polizei unterbrochene Zugfahrt mit neuem Ziel fort – und erreichte Hamburg noch während der Kundgebung. „Ich bin froh, wieder bei meinen Genossen zu sein“, sagte er. Ihm gehe es gut. Christian Jakob