„Es ist noch viel zu tun“

DISKUSSION Matthias Bartke und Aydan Özoguz ziehen Zwischenbilanz der Koalitionsarbeit

■ 47, seit 2013 Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration.

taz: Wie viel Spaß macht Ihnen die Arbeit als Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration, Frau Özoguz?

Aydan Özoguz: Das mache ich richtig gerne, weil ich glaube, dass es noch einiges zu tun gibt im Verhältnis von Menschen unterschiedlicher Herkunft in unserer Gesellschaft. Wenn Menschen etwa aufgrund ihrer Religiosität in einen Topf geworfen werden, merke ich, dass da noch viel zu tun ist, um zu einer gut zusammenwachsenden Gesellschaft zu kommen.

Sitzen Sie zwischen den Stühlen der Union und der SPD?

Nee, gar nicht. Ich bin SPD-Mitglied. Jetzt sind wir in einer Koalition und natürlich gibt es nicht hundertprozentige Einigkeit. Als Sozialdemokraten haben wir in den Koalitionsverhandlungen sehr viel erreicht, was man vor einiger Zeit gar nicht für möglich gehalten hätte.

Was zum Beispiel?

Wir haben die doppelte Staatsbürgerschaft ein Stück vorangebracht. Ich hätte gerne die Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft für alle Ausländer – aber es ist schon ein großer Fortschritt, dass die Kinder, die unter den Bedingungen der Optionspflicht geboren werden, von Geburt an zwei Pässe haben und diese für immer behalten dürfen. Auch die Fortschritte in der Rentenpolitik und beim Mindestlohn betrachte ich als Erfolg.

In Hamburg ist die Situation der Lampedusa-Flüchtlinge ein großes Thema. Haben Sie da einen Lösungsansatz?

Eine pauschale Lösung wird es nie geben. Wir müssen daran festhalten, Einzelschicksale zu prüfen. Die Menschen müssen ihre Fluchtgeschichten darstellen und erst dann kann man schauen, ob es für sie ein Bleiberecht gibt. Zur Ehrlichkeit gehört dazu, dass man den Leuten nicht vorgaukelt, dass alle in Deutschland bleiben dürfen. Ich glaube, dass wir in den letzten Jahren viel dafür getan haben, damit die Menschen in Not auch bleiben können.

Die Lampedusa-Menschen sind in Not.

Wer Schutz sucht vor Verfolgung oder Bürgerkrieg, der wird diesen Schutz erhalten. Dafür gibt es ein gemeinsames europäisches Asylsystem. Hierfür müssen wir aber die Fluchtgeschichte der Menschen kennen, um das entscheiden zu können. Und leider sagen nicht alle, wer sie sind, woher sie kommen und aus welchen Gründen. Wir würden zum Beispiel niemanden zurück nach Syrien schicken, weil dort Krieg herrscht.  INTERVIEW: ZEYNEP AKDAG

Diskussion mit Aydan Özoguz und Matthias Bartke: 18.30 Uhr, Treff 44, Erich-Ziegel-Ring 44