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Archiv-Artikel

UNTERM STRICH

Vermutlich katholische Fundamentalisten haben in Avignon zwei Werke des New Yorker Fotokünstlers Andres Serrano zerstört. Das Foto mit dem Titel „Piss Christ“ zeigte ein in Urin getauchtes Kruzifix, das andere mit dem Titel „The Church – Soeur Jeanne Myriam“ den Schoß und den Oberkörper einer meditierenden Ordensschwester. Nach ersten Ermittlungen hatten zwei Besucher die im Kunstzentrum Lambert hängenden Bilder am Sonntag mit Schneide- und Schlagwerkzeugen bearbeitet. Drei Museumswärter, die einschreiten wollten, wurden von den Tätern mit Gewalt bedroht, teilte die Polizei am Montag mit. Bereits am Samstag hatten rund 800 Ultrakonservative und junge Integristen gegen die Schau demonstriert. Das Museum für zeitgenössische Kunst musste deswegen vorübergehend geschlossen werden.

 Der Kulturminister Frédéric Mitterrand nannte den Angriff auf die Bilder inakzeptabel. Er könne verstehen, dass Bilder wie „Piss Christ“ schockieren könnten, aber wer sich verletzt fühle, müsse sich an die Justiz wenden. „Jede Art von Gewalt, Zerstörung und Intoleranz ist nicht hinnehmbar“, erklärte Mitterrand. Neben Werken von Serrano, der sich in seinen Arbeiten immer wieder mit Religion und Sexualität auseinandersetzt, sind in der Ausstellung „Ich glaube an Wunder“ mehr als 100 Werke großer zeitgenössischer Künstler wie Cy Twombly, Anselm Kiefer und Miquel Barceló zu sehen. Die Exponate stammen aus der rund 400 Werke zählenden Sammlung des bekannten Kunsthändlers Yvon Lambert. Die Ausstellung, die bis zum 8. Mai dauert, findet anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Kunstzentrums statt. Sie soll trotz der Tat fortgesetzt werden.

Durch das Erdbeben und die verheerende Flutwelle in Japan sind nach Angaben des Internationalen Rates für Denkmalpflege (Icomos) vermutlich rund 150 Stätten des nationalen Kulturerbes betroffen. Über die Beschädigungen der einzelnen Denkmäler vor mehr als vier Wochen lägen allerdings noch keine Informationen vor, sagte der Präsident von Icomos Deutschland, Michael Petzet, am Montag in Berlin. Zudem seien möglicherweise ganze Dorfensembles vom Erdboden verschwunden. Petzet berief sich auf Angaben von japanischen Behörden. Er könne dazu jedoch nur „wenig Konkretes“ sagen, erklärte er bei der Vorstellung des jährlichen Weltschadensberichts „Heritage at Risk“ über bedrohte Stätten des Weltkulturerbes. Darin werden Schäden und Bedrohungen für Welterbestätten aus insgesamt 40 Ländern dokumentiert.