Er hatte es auf Thors Hammer abgesehen

JUSTIZ Prozessauftakt gegen einen 24-jährigen Antifa-Aktivisten. Richter verhängt Ordnungsgeld gegen früheren NPD-Politiker

Wie ein gewalttätiger Straßenkämpfer wirkt der Angeklagte nicht: Adel H., 24, Brille, bunt kariertes Hemd, sitzt ruhig auf der Anklagebank und hört dem „szenenkundigen“ LKA-Beamten zu. Er kenne H., denn er mache den ganzen Tag nichts anderes, als linksradikale Gewalttäter zu identifizieren, sagt der Polizist über sich selbst. Raub, Beleidigung und gefährliche Körperverletzung wirft die Staatsanwaltschaft dem Antifa-Aktivisten Adel H. vor. Die Anschuldigungen resultieren fast alle aus Auseinandersetzungen mit Rechten im vergangen Jahr.

Seine UnterstützerInnen, von denen rund 20 zum Prozessauftakt erschienen sind, sehen den Prozess als politisch motivierten Versuch, H.s Engagement zu kriminalisieren. Als Migrant und Linker gerate er gleich doppelt in den Fokus der Ermittlungsbehörden, heißt es in einer Erklärung der UnterstützerInnen.

Polizisten beleidigt?

Verhandelt wurde am ersten Prozesstag der Raubvorwurf. H. soll 2013 am Bahnhof Alexanderplatz einem vermeintlichen Rechten eine Halskette in Form eines Thor-Hammers entrissen haben. Ein anderes Mal fühlten sich Polizisten am Rande einer Demo von H.s ausgestrecktem Mittelfinger beleidigt. Den Neuköllner NPD-Politiker Jan Sturm soll H. 2013 bei einer Kundgebung gegen ein Asylbewerberheim in Hellersdorf mit einer Plastikflasche im Gesicht verletzt haben. Da Sturm selbst trotz Ladung nicht zum Prozesstermin erschienen ist, verhängt der Richter ein Ordnungsgeld von 500 Euro, ersatzweise fünf Tage Haft, gegen den ehemaligen NPD-Bezirksverordneten. Applaus von den Zuschauern, was den Staatsanwalt gar nicht freut: „Bloß weil das ein Rechter ist, brauchen Sie hier nicht zu klatschen.“

Raus auf Kaution

Der 24-Jährige H. hatte seit seiner Verhaftung am 30. Oktober vier Monate in Untersuchungshaft gesessen, nachdem er zuvor einmal eine Haftverschonung erhalten hatte. Im Februar war er gegen eine Kaution von 5.000 Euro aus der Haft entlassen worden.

Seine Inhaftierung war Auftakt für eine europaweite Solidaritätskampagne der linken Szene. Er sei froh über die breite Unterstützung, die er während seiner Haft erfahren habe, sagt H. am Rande des Prozesses. Er und seine Verteidigerin zeigen sich zufrieden mit dem Verlauf des ersten Prozesstags. Sie hoffen auf Freisprüche in den meisten Anklagepunkten. FELIKS TODTMANN