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Antworten auf Letzte Fragen

Warum vertauscht ein Spiegel rechts und links, aber nicht oben und unten? (15.11. 97)

Meine linke Hand ist auch im Spiegelbild links – es sei denn, ich versetzte mich in das gedachte Bezugssystem meines virtuellen Spiegelbildes – die Vertauschung findet dann in meinem Kopf statt – der Spiegel ist unschuldig. Martin Hennig, Hamburg

Der Spiegel vertauscht gar nichts. Nur wir Menschen halten die rechte Körperseite unseres Spiegelbildes regelmäßig für unsere linke. Anders ausgedrückt: die Definition von rechts und links ist eben vom Standpunkt abhängig. Und da unser Spiegelbild uns gegenübersteht, ist hierüber keine Einigkeit zu erzielen. Oben und unten werden dagegen von der Ausrichtung auf den Erdmittelpunkt (Schwerkraft !) bestimmt. Und da gibt's zumindest auf unserer Erdhalbkugel keine Verständigungsschwierigkeiten.Gisela Splett, Karlsruhe

Alle Menschen tragen ihre Uhr am linken Handgelenk. Außerdem ist links da, wo der Daumen rechts ist. Man betrachte eine Versuchsanordnung, bei der eine Person, für die diese Bedingungen gelten, vor einem Spiegel steht. Man sieht, daß sowohl die Versuchsperson vor dem Spiegel als auch das Spiegelbild die Hand mit der Uhr nach oben halten. Rechts und links werden also nicht vertauscht. Niemand würde auf die Idee kommen zu behaupten, daß im Spiegel die Zeit rückwärts läuft, nur weil sich die Uhr anders herum dreht.Lothar Rausch, Kaufungen

Daß der Spiegel rechts und links vertausche, ist ein ebenso weitverbreiteter wie unausrottbarer Irrglauben. An ein schmerzendes Desiderat der Spiegelforschung (Speculogie) allerdings erinnert die Frage, warum Ziffern und Buchstaben vom Spiegel verändert werden („Spiegelschrift“). Und zwar vertauscht der Spiegel hier nicht nur links und rechts, sondern auch oben und unten, wie jeder leicht im Selbstversuch verifizieren kann. Man stelle sich so vor einen Spiegel, daß man bequem auf seiner Armbanduhr die Uhrzeit ablesen kann. Dann präsentiert sich im Spiegel die Uhr nicht nur auf links gedreht, sondern auch auf den Kopf gestellt. Die meisten Speculogen gehen heute von buchstaben- und ziffernsensiblen Einsprengseln in der Silberschicht des Spiegels aus, die ganze Bereiche des Spiegels optisch chaotisieren. Gelegentlich wurde aber auch schon über wahrnehmungspsychologische Störungen im Zusammenhang mit Gedrucktem und Geschriebenem spekuliert.Burkhard Strassmann

Es ist Ansichtssache: Entwedel ist del Spieger ein Ribelarel, del oben wie unten extleme Lichtungen ars austauschbal elkennt. Oder der Spiegel gibt ein virtuelles Bild, bei dem allerdings nicht mehr und nicht weniger als vorne und hinten vertauscht sind. Nun tut es einem Menschen aber sehr weh, umgekrempelt zu werden, so weh, daß er nicht mehr weiß, wo rechts und links ist. Habe hoffentlich geholfen.Sebastian Dries

Ein Spiegel vertauscht vorne und hinten, was selten auffällt, weil Menschen fast nie durchsichtig sind. Hält man aber eine bedruckte Folie vor den Spiegel, wird die Sache klar: Man sieht sie so, als würde man von hinten durchsehen.Leo Kauter, Frankfurt

Die Bösartigkeit von Wandspiegeln läßt sich in ihre Grenzen weisen: Man (oder Frau) muß sich dazu nur quer vor den Spiegel legen, und – oh Wunder – links und rechts (jetzt Kopf und Fuß) erscheinen sofort unvertauscht, oben (Decke) und unten (Fußboden) bleiben auch richtig. Offen bleibt da nur die Frage, warum ich mich dazu hinlegen muß, ein Drehen des Spiegels um 90 Grad aber keine Abhilfe bringt?Sigrid Zeimet, Gifhorn

Die Frage ist gleich aus zwei Gründen falsch gestellt: Zum einen vertauscht ein Spiegel, dem man frontal gegenübersteht, nicht rechts und links, sondern vorne und hinten. Um einen Spiegel dazu zu bringen, rechts und links zu vertauschen, muß man sich parallel zu der Wand stellen, an der er befestigt ist. (Das ist doch auch ohne Zeichnung verständlich, oder?) Zum anderen ist ein Spiegel recht leicht dazu zu bringen, oben und unten zu vertauschen, nämlich indem man ihn auf den Boden legt oder parallel zur Decke befestigt. (Für eine erfolgreiche Versuchsreihe ist darauf zu achten, daß die spiegelnde Seite stets sichtbar bleibt...) Es ist also nicht in den Eigenschaften des Spiegels verwurzelt, was er vertauscht, und es ist ebensowenig allein Sache des Betrachters, vielmehr liegt es an der Beziehung, die Spiegel und Betrachter miteinander eingehen. (Frei zitiert nach Karl Heim: „Der christliche Gottesglaube und das naturwissenschaftliche Weltbild“)Manuel Fuchs, Ebernburg

Weil die Augen nebeneinander, aber nicht übereinander liegen. Beweis: Man betrachte sich das gespiegelte Bild mit um 90 Grad seitlich geneigtem Kopf: Schon sind oben und unten vertauscht!!Gregor Beck, Augsburg

Die Frage ist falsch und hätte nicht zugelassen werden dürfen! Gerade beim Spiegel sieht man Rechtes rechts und Linkes links! Probiert es aus. Wahr ist ganz im Gegenteil, daß man alles andere ohne Spiegel falsch herum sieht: Jeder, ob Kamera, ob Hinz oder Kunz, der uns gegenübersteht und uns gerade ins Gesicht schaut, vertauscht rechts und links! Keiner denkt sich was dabei, aber jeder sieht unser rechtes Ohr links. Die Erklärung: „gegenüber“ heißt „um 180 gedreht“, und rechts und links haben sich mitgedreht. Fotos sind auch verkehrt herum! Sogar Paßbilder geben nicht die Wahrheit wieder. Auf der Straße wiederum ist dies Naturgesetz lebensrettend. Wie könnten sonst alle rechts fahren, ohne ineinanderzubrettern? Aber zum Glück fahren die anderen immer links; sie wissen's nur nicht. Hartmut Riedel, Berlin

In seinem Buch „Geist und Natur“ (Suhrkamp TB 691) gibt Gregory Bateson auf Seite 105f. eine Klärung zu genau dieser Frage: „Tatsächlich ist nämlich nicht rechts und links, sondern vorne und hinten verkehrt worden. Dahinter verbirgt sich aber noch ein subtileres Problem, daß nämlich die Worte rechts und links nicht zu derselben Sprache gehören wie die Worte oben und unten. Rechts und links sind Worte aus einer inneren Sprache; während oben und unten Teile einer äußeren Sprache sind. (...) In dem gestellten Problem liegt also eine logische Falle.“Wolfgang Pilz, Bernburg

Weil sonst keiner mehr pünktlich an seinem Arbeitsplatz wäre.Anna Spateneder, Schwand

Wie kommt die Paprika in die Olive? (15.11. 97)

In der Türkei konnte ich mir einen kleinen olivenverarbeitenden Betrieb in einem Dorf in der Nähe von Izmir ansehen: Dort gehen die Oliven zunächst den Weg über ein Förderband, wo ihnen eine Saugsonde den harten Kern entnimmt. Sechs Frauen aus dem Dorf sind damit beschäftigt, die Paprika zu schneiden. Ebenfalls ortsansässig ist ein Zentrum für Sehbehinderte. Aus ihm rekrutiert sich die Arbeiterschaft, die nun die Paprika in die Olive bringt: Mittels eines kleinen Holzschiffchens, das sich zum Ende hin verengt, werden die Paprikawürfelchen in die vorgelochten und entsteinten Oliven eingeführt. Ein Holzschieber besorgt dabei den Rest. Die Blinden besorgen diese Arbeit flink; Farbenblinde müssen täglich wechseln zwischen den Varianten „grüne Oliven/rote Paprika“ und „schwarze Oliven/grüne Parika“. Die ersteren werden in Gläser gefüllt und wandern zu 90 Prozent nach Frankreich. Die zweite, bei uns leider kaum bekannte Variante landet vorwiegend auf türkischen Tellern. Durch die Therapie des Wechsels können Farbenblinde angeblich binnen eines halben Jahres von ihrem Handicap befreit werden.Regina Eber-Huber, Neustadt

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