piwik no script img

■ LeserInnen zum mono.mag am FrauentagTypisch männliche Existenzangst?

betr.: „Risikofaktor Mann“, taz.mag vom 8. 3. 03

„Frauen kann man attestieren, dass sie auf ganz wunderbare Weise harmlos sind“, meint der Soziologe Dieter Otten. Ähnliche Loblieder mögen Plantagenbesitzer vor 200 Jahren in South-Carolina über „ihre Neger“ gesungen haben. Unsinn wird durch dauernde Wiederholung ja nicht vernünftig. Da wird zum Beispiel über schlechte Schüler gejammert, wo alle Welt weiß, dass materielle Verelendung und soziale Ausgrenzung Hauptfaktoren für Pisa sind. Was für Pisa gilt, gilt analog für (Gewalt-)Kriminalität.

Die referierten Theorien über „männliche“ Gewalt sind offenbar hinterhältig, da die gewaltbereite staatliche Sozialpolitik selbst machistisch-männlich ist. Denn männliche sozial schwache Personen werden von Ämtern, Polizei und Justiz in der Regel weit härter und brutaler angefasst als weibliche. Pretty woman sozialstaats-machistisch: Mit den sozial schwachen Frauen könnte man ja vielleicht mal …

Die Soziologie des Kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachsen erinnert an Balzverhalten. Tendenz: weiter erigierend.

WERNER BRAEUNER, Meppen

Eigentlich schade. Erst entwickelt der Artikel die These, dass es keinen nachweisbaren bzw. relevanten (biologischen) Unterschied zwischen den Geschlechtern gibt, sondern dass die Sozialisierung maßgebend ist. Und dann, wahrscheinlich aufgrund typisch männlicher Existenzangst, soll man/frau auf einmal den Schritt tun, diesen eigentlich nicht vorhandenen Unterschied zu akzeptieren, um die Ursachen der spezifisch männlichen (aber „allzu menschlichen“) Unmoral beurteilen zu können.

Also, wenn das kein Widerspruch ist. Gerade der Unterschied, der gemacht wird, führt zum Unterschied im Verhalten. FeministInnen (und auch andere Menschen), die einen grundsätzlichen, biologisch determinierten Unterschied (den es nicht gibt) zwischen Mann und Frau akzeptieren bzw. tolerieren, gehen einen gefährlichen Schritt zurück. Gefährlich nicht nur, weil sie mit der Akzeptanz eines Unterschiedes Hierarchisierungen im Geschlechterverhältnis hervorrufen bzw. begünstigen, sondern auch, weil sie der binären Konstruktion von Geschlechtern, die ebenfalls eine Erfindung ist, zuarbeiten und sie bekräftigen und damit andere Geschlechter ausklammern und diskriminieren.

Im Übrigen ist es Quatsch, dass „Frauenbewegte“ lange Zeit diesen Schritt der Akzeptanz des Unterschiedes nicht gehen wollten. Wenn überhaupt, dann ist es genau umgekehrt. Lange Zeit ist man von der biologischen und daraus folgend auch sozialen Unterschiedlichkeit beider Geschlechter ausgegangen (aus dieser Zeit stammt auch noch die Schwarzer-Generation), seit zirka 15 Jahren jedoch ist man dabei, die Kategorien aus gutem Grunde aufzubrechen. Beide Hauptströmungen des Feminismus existieren derzeit nebeneinander und beide sind in eine aktive Debatte verstrickt, die die Geschlechterkonstruktionen auf Vor- und Nachteile hinsichtlich politischer Handlungsfähigkeit prüft. Der Focus hierbei (soweit ich das einschätzen kann) ist auf Konsens gerichtet und nicht auf ein Entweder-oder, wie der Artikel suggeriert.

ANTJE PEUKERT, Potsdam

Es macht mich wütend, wenn ich lese, dass sich eine „direkte Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen vor und ausgeführter Aggression“ nicht hat feststellen lassen. Ich erlebe es in der schulischen Praxis täglich, dass diese destruktiv aggressiven Jungen sich von den angesprochenen „Spielen“ magisch angezogen fühlen und täglichen Umgang damit haben.

Wer sind die „Erfinder“ solcher Spiele? Und wer verdient wie viel Geld damit? Was veranlasst diese „Erfinder“ dazu, so etwas zu produzieren? Welche Philosophie steckt dahinter?

Mir scheint, es ist die gleiche Diskussion, die um den Klimawandel geführt wird. Solange einige sehr Mächtige und Einflussreiche mit der Zerstörung unserer Umwelt noch Geld verdienen können, stellt man eben keine „direkte Ursache-Wirkungs-Beziehung“ fest.

Für den Artikel herzlichen Dank. Das ist eine gute und differenzierte Zusammenfassung von allem, was ich bisher zu diesem Thema gelesen habe. Traurig nur, dass dieses Thema schon mindestens 5.000 Jahre aktuell ist. Mann o Mann!

MARIA TRIESETHAU, Brensbach

Neff schreibt: „Schon sehr früh lernen sie (Mädchen) allerdings, mit ihrer Aggressivität anders umzugehen – etwa mit Worten statt mit Fäusten. Dabei kommt ihnen auch zugute, dass sie die Jungen in der Sprachentwicklung abhängen und diesen in der Regel schon im Kindergartenalter sprachlich überlegen sind. Dadurch übertreffen sie, wenn Erziehung nicht gegensteuert, schon als kleine Kinder die Buben in gerade jener Fähigkeit, die gemeinhin zu den weiblichen Domänen gezählt wird: der zur Lösung von Konflikten durch Konversation.“

Wenn es nicht um die sportlichen Raufereien geht, bei denen die Beteiligten gerne mitmachen, sondern um Gewalt gegen Klassenkameraden, die das nicht wollen, etwa gegen Schwächere und Außenseiter, ist Abhilfe notwendig, und das Prinzip, Aggression „mit Worten statt mit Fäusten“ zu äußern, kann hier ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung sein. Das heißt allerdings nicht, dass jede Stellungnahme „mit Worten“ bereits „Lösung von Konflikten durch Konversation“ darstellt. Auch Worte, von Jungen und Mädchen, können angreifen, verletzen, demütigen. Will man Jungen also tatsächlich eine Alternative zum herkömmlichen „Faustrecht“ an die Hand geben, so ist es nicht nur wichtig, sie anzuleiten, Kompromissbereitschaft zu zeigen und Verständnis zu äußern, sondern sie ebenso auch zu ermutigen, sich „mit Worten“ zu behaupten, abzugrenzen und über Worte ihrer Wut und ihrem Ärger Luft zu machen, damit sie, auch im Falle eines Streits, auf verbalem Gebiet mit den Mädchen mithalten können.

MANFRED HÜBNER, Mannheim

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von Briefen vor. Die erscheinenden LeserInnenbriefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen