CSU-Jubelparteitag krönt Waigel

Mit 98,3 Prozent wurde Theo Waigel zum Parteivorsitzenden gewählt / Eine kritische Auseinandersetzung mit der Parteipolitik blieb aus / Die CSU unter Waigel bleibt auf einem stramm rechten Kurs  ■  Von W. Zimmermann-Hedewig

München (taz) - In Bayern bleibt alles beim alten, wenn auch weniger verschwitzt, deftig und hemdsärmelig als zu F.J.S.‘ Zeiten. Theo Waigel ist der neue Kopf der CSU. Nur 17 der 1.020 Delegierten auf dem CSU-Parteitag verweigerten dem Strauß-Protege am Samstag die Gefolgschaft. 98,3 Prozent wählten den, der seit Wochen auserwählt war. Die CSU suchte den schnellen Schulterschluß; die Delegierten waren lediglich zur Jubelwahl geladen. Der Tagesordnungspunkt „Diskussion“ wurde auf einen kleinen Parteitag im Januar abgeschoben - ohne Gegenstimme. Eine kritische Auseinandersetzung mit Parteiführung und Inhalten fand nicht statt.

In der Vorhalle blühte der Devotionalienhandel. Straußbücher, -wimpeln und -Schnupftücher im Sonderangebot. Daneben grüßte der von Pulslasern geformte Verblichene dreidimensional. Im Saal blickte Strauß von der großflächigen Leinwand väterlich auf die verlassene Herde. Geistliche sprachen ihre Gebete dazu. Zimmermann blies ihn posthum noch einmal zu einem „der letzten politischen Universalgenies“ auf. Nach einer halben Stunde verklang der Abgesang. Und nach des Grüß-Gott-August-Kohls kleiner Regierungserklärung trat die neue Sachlichkeit im gedeckten Grau ans Pult - um zwei Stunden lang altbacken Bekanntes zu bieten.

Gewohnt brillant unterstrich Waigel den CSU -Führungsanspruch in Bayern und die bundespolitische Bedeutung der Partei. Er forderte den starken Rechtsstaat und ließ keinen Zweifel, auf welche Silbe die CSU auch künftig den Akzent setzen wird. Ob Vermummungsverbot oder Kronzeugenregelung, ob nahezu schrankenlose Ausformung des Unterstützungsparagraphen 129a oder Änderung des Asylartikels im Grundgesetz: Waigel wandelte auf den Spuren von Strauß. Er propagierte das „vernünftige, geläuterte Nationalbewußtsein“ und dämonisierte die „sogenannte illegale Indikation“. Die CSU wolle künftig die auf der Regelung des §218 fußenden Zustände nicht hinnehmen. Waigels Ausführungen dazu verbanden sich nahtlos mit den Forderungen der CSU-Anhänger, die vor der „Bayernhalle“ mit Transparenten auf und ab pilgerten: „Liebe Mama, unter deinem Herzen bin ich ja so lieb geborgen“, hieß es da, und: „Befreit Deutschland endlich von den Babytötungen.“ Dazu gab's Weihnachtsmusik vom Band.

Auch in der Außenpolitik hat Waigel seinen Strauß gelernt. Er geißelte die Verlogenheit der deutschen Linken, die über Südafrika die „Greuel der Sandinisten, der Swapo und des ANC“ schlicht nicht zur Kenntnis nähmen. Auch Chile sei bloß ein innenpolitisches Profilierungsthema. Ob Waigel Genscher wohl zu den deutschen Linken zählt?

Der Jubelparteitag ward so zum Nicht-Ereignis. Strauß war Strauß und Waigel ist Waigel; so bleibt die CSU die CSU. Korrekt gewandet und weniger feist; leiser, doch unüberhörbar und stramm auf rechtem Kurs.