: KGB-Chef lobt Mazowiecki
■ Besuch bei dem neuem Regierungschef und bei Jaruzelski / PVAP ruft Mitglieder zur Loyalität gegenüber Mazowiecki auf
Warschau (dpa/ap/afp) - Die sowjetische Führung sieht im Amtsantritt des nicht-kommunistischen Regierungschefs Tadeusz Mazowiecki in Polen „keinen Grund zur Beunruhigung“. Dies erklärte der Chef des sowjetischen Geheimdienstes KGB, Wladimir Krjutschkow, der am Samstag in Warschau als erster hochrangiger Vertreter Moskaus mit Mazowiecki gesprochen hat. Im Anschluß an die Begegnung versicherte Krjutschkow: „Wir wünschen ihm Erfolg und sind überzeugt, daß der ihm auch beschert sein wird.“ Er bezeichnete Mazowiecki als „interessanten und soliden Mann“, der genau wisse, „wie man handeln muß“. KGB-Chef Krjutschkow traf auch Staatspräsident General Wojciech Jaruzelski. Es wird angenommen, daß Krjutschkow auch die weitere Zusammenarbeit der Geheimdienste beider Staaten besprochen hat.
In einem polnischen Rundfunkinterview sagte der Chef der kommunistischen Parlamentsfraktion, Politbüromitglied Marian Orzechowski, am Sonntag, bisher sei nicht entschieden, wie viele Minister die Kommunisten in der neuen Regierung stellten.
Bisher gilt in Warschau lediglich als sicher, daß die Kommunisten das Innen- und Verteidigungsministerium übernehmen. Am Wochenende hat die Führung der kommunistischen PVAP ihre Mitglieder in Behörden und Ministerien zur Loyalität gegenüber dem nicht -kommunistischen Regierungschef aufgerufen.
Der Vorsitzende der polnischen Gewerkschaft Solidarnosc, Lech Walesa, hat Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) bei dessen Besuch in Danzig am Samstag eindringlich um die Hilfe des Westens bei der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes gebeten. Polen wolle „keine Almosen“, sondern Zusammenarbeit, wobei die westlichen Partner in Polen Geschäfte machen sollten. In seiner Antwort teilte Blüm mit, er habe vor seiner Reise schon mit deutschen Banken gesprochen. Man denke vor allem an eine Art von Stiftungen, in denen sich mehrere europäische Banken zusammentun. Walesa warf dem Westen Zögerlichkeit vor. Die Welt, einschließlich der USA, seien mit verantwortlich, wenn die jetzige Regierung bei der wirtschaftlichen Sanierung Polen scheitern würde.
Trotz eines Appells von Walesa streiken noch 2.000 Arbeiter in Katowice, während die Eisenbahner am Samstag ihren Ausstand beendeten. Walesa hatte die ArbeiterInnen aufgefordert, von Streiks vorerst abzusehen. „Wir bitten um eine Frist von sechs Monaten bis zu einem Jahr, in der die Polen die Regierungsentscheidungen akzeptieren sollten, selbst wenn sie unpopulär sind.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen